Digitalisierung

Die Medizin von morgen mitgestalten

Medizininformatiker arbeiten an technologischen Lösungen der Zukunft.
Medizininformatiker arbeiten an technologischen Lösungen der Zukunft.Getty Images
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Wer sich für Informatik interessiert, kann in verschiedenste Richtungen gehen. Medizin und Gesundheitswesen sind hier ein besonders lohnendes Betätigungsfeld.

Die Digitalisierung der Arbeitsprozesse durchdringt sukzessive ein Berufsfeld nach dem anderen. Im medizinischen Bereich ist sie längst angekommen. Die Entwicklung neuer Medikamente ist ohne Informationstechnologie genauso undenkbar wie eine Vielzahl an Untersuchungen und Operationen. Das fordert Spezialisten, die mit den besonderen, auch ethischen, Anforderungen dieses Sektors der Informatik vertraut sind.

Stefan Winkler, Leiter der Studiengänge Medizin- und Bioinformatik und Data Science und Engineering am FH OÖ Campus Hagenberg, erklärt, welche Voraussetzungen man zum Studium der Medizininformatik mitbringen sollte: „Die Studierenden sollten an naturwissenschaftlichen Anwendungen von Informatik interessiert sein.“ Das würde beispielsweise für Krankenhäuser entwickelte Software betreffen, große Patientenverwaltungssysteme sowie die Analyse von medizinischen Daten aus dem Labor. „Das Thema KI ist gerade im Medizininformatikbereich ganz ein Wichtiges, weil man eben bei medizinischen Anwendungen oft herausfinden möchte, wie die Zusammenhänge zwischen medizinischen Daten und gewissen Erkrankungen sind“, sagt Winkler und ergänzt: „KI gehört für uns, seit es dieses Studium gibt, also seit circa 20 Jahren, zum Lehrplan.“ Der Umgang mit sensiblen Daten sei ebenfalls ein wichtiges Thema. „Nicht alles, was man machen kann, ist auch legal.“

Vernetzung mit Unternehmen

Als Besonderheit der Medizininformatik an der FH Hagenberg nennt der Studiengangsleiter das Umfeld: „Unsere FH ist in den Softwarepark Hagenberg eingebettet, mit Firmen, in denen bis zu 2000 Leute arbeiten.“ Viele der Lehrenden der FH seien durch ihre hauptberufliche Tätigkeit im Softwarepark in die Entwicklung von Software für medizinische Zwecke involviert und brächten so ihr Praxiswissen unmittelbar in den Unterricht ein. Umgekehrt seien natürlich die Studierenden durch Praktika aktiv an der Weiterentwicklung und Forschung von Informatikanwendungen beteiligt. Nach absolviertem dreijährigen Bachelorstudium der Medizininformatik kann man ein Masterstudium im Bereich Software-Engineering, Data Analysis oder Life-Sciences anschließen.

Die Technische Universität Wien bietet sowohl Bachelor- als auch Masterstudiengänge in medizinischer Informatik an. Allerdings wird der Bachelor ab dem Wintersemester 2023 nicht mehr explizit als Studium der medizinischen Informatik geführt, wie Hilda Tellioğlu, Studiendekanin für Informatik, erklärt. „Es wird nur noch ein Informatikstudium geben, dann vertieft man sich und kann etwa einen Schwerpunkt auf Digital Health setzen.“ Der Master würde normal weitergeführt werden. „Die meisten, die den medizinischen Bachelor gemacht haben, machen den Master weiter“, ergänzt Tellioğlu und erörtert die Besonderheiten dieser Studienrichtung: „Medizinische Informatik ist ein Integrationsfach. Es integriert das Informatikwissen in den medizinischen Bereich, dort, wo geforscht wird, wo Technologien entwickelt werden.“

Auch medizinische Grundlagen

Die Studenten würden neben typischen Informatikfächern wie Data Analysis, Programmieren und Software-Engineering auch medizinische Grundlagen wie Anatomie lernen. „Wir kooperieren bezüglich der medizinischen Fächer mit der Medizinischen Universität Wien. Dort bekommen unsere Studenten medizinisches Wissen aus erster Hand“, sagt Tellioğlu. „Es ist wichtig, dass unsere Studenten medizinische Grundlagen lernen, da sie sonst nicht verstehen, womit sie es eigentlich zu tun haben.“ Die medizinischen Fächer umfassen im Bachelorstudium ein Bündel von etwa 30 ECTS. „Es ist aber trotzdem ein Informatikstudium. Wer also ursprünglich Medizin studieren wollte und dies aus irgendwelchen Gründen nicht geschafft hat, ist bei uns nicht richtig. Es ist kein Ersatzstudium für das Medizinstudium“, betont Tellioğlu.

Die Studiendekanin hält medizinische Informatiker wesentlich für die Leistungen eines Staats. Es gäbe derzeit noch viele Baustellen im Gesundheitswesen, besonders im Hinblick auf Anwendungs- und Datenschutzfragestellungen. „Deswegen ist es wichtig, dass es auch medizinische Informatiker gibt, die nicht nur irgendetwas entwickeln, sondern auch das entsprechende Kontextwissen in diesem Anwendungsfeld haben, was wir auf der TU sehr wertvoll finden“, sagt Tellioğlu.

Wer medizinische Informatik studiert, hat Tellioğlu zufolge nicht nur gute Jobchancen, sondern der Beruf sei auch gesellschafts- und wirtschaftsrelevant. Der Informatikerberuf sei übrigens längst kein ausschließlich männlicher mehr, sagt Tellioğlu: „Wir haben einen Frauenanteil von 20 Prozent in Informatikstudien.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.03.2023)

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