Der Hydrant aus dem Geist des Fin de Siècle im Wiener Stadtbild hat sich bis heute erhalten: In etwas vergrößerter und in wenigen Details veränderter Form feierte er ab den 1980er-Jahren ein unerwartetes Comeback. Ein Vorabdruck.
Freitag, 12. Februar 1904. Im Gasthaus „Zum Grünen Tor“, Lerchenfelder Straße 14, geht der Ball der Vereinigung von Installateurssöhnen in Szene. Einer Vereinigung, von der davor nichts und danach nie wieder etwas zu hören ist. Doch ausgerechnet dieser eine Abend hinterlässt ein Zeugnis besonderer Art: Als Ballspende nämlich wird das Modell eines Hydranten verteilt.
Wer jetzt meint, ein Hydrant als reiner Zweckgegenstand tauge nicht dazu, auf einen kleinen Sockel gestellt, gewissermaßen zum Schmuckstück geadelt zu werden, für den mag das befremdlich wirken. Nun, jene Ballspende des Jahres 1904, so wie sie knapp 120 Jahre nach Erfüllung ihres eigentlichen Zwecks vor mir steht, beweist das Gegenteil. Kein Wunder, datiert doch der Hydrant, der ihr zum Vorbild dient, aus einer Zeit, der Jahrhundertwende, da man vielfach geneigt ist, Funktion nicht zu gestalten, vielmehr sie kunstreich zu verhüllen.
„Normal-Überflur-Hydrant“ nennt 1908 ein Musterbuch der Wiener Armaturenfirma Rosenthal & Kafka jenen Typus, und weder wird Rosenthal & Kafka sein einziger Anbieter noch jener Typus einzigartig gewesen sein. In einem originalen Exemplar hat er sich bis heute in Funktion erhalten: in Wiens Innerer Stadt, dort wo die Bräunerstraße in den Graben mündet.
Allerdings, so einsam und allein ist dieser Hydrant aus dem Geist des Fin de Siècle im Wiener Stadtbild mittlerweile gar nicht mehr: In etwas vergrößerter und in wenigen Details veränderter Form hat er, zum „Altstadthydranten“ erhoben, ab den 1980er-Jahren ein unerwartetes Armaturen-Comeback gefeiert. Florian Krenn, Prokurist des Wiener Armaturengrossisten Gratz & Böhm, berichtet: „Damals waren wir die ersten, die sich nicht nur mit der Funktionalität, sondern auch mit dem Design von Hydranten beschäftigt haben“ – die ersten zumindest seit längerer Zeit.