Ukraine-Krieg

Ukrainischer General lobt "die wahren Helden der Ostfront"

Ukrainische Soldaten bei der Gefechtsausbildung – hier an einem Ort nahe der Grenze zu Belarus.
Ukrainische Soldaten bei der Gefechtsausbildung – hier an einem Ort nahe der Grenze zu Belarus.Reuters
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Trotz vieler Erwartungen klammern sich die Ukrainer weiter an die Stadt Bachmut. Die Schlacht ist mythisch überhöht, die Masse der russischen Infanterie wird immer mehr zum Problem.

Kiew/Moskau/Chisinau. Die ukrainische Armee klammerte sich am Wochenende hartnäckig an die Verteidigung der seit Sommer umkämpften Donbass-Stadt Bachmut – wider alle Erwartungen und Prognosen von Militärexperten und Politikern bis hin zu Nato-Chef Jens Stoltenberg, der von einer Aufgabe der Stadt, die praktisch umzingelt ist, für die vergangene Woche orakelt hatte.

Der Kommandant der ukrainischen Bodentruppen, General Oleksandr Syrskyj, erklärte, der Kampf um Bachmut trage dazu bei, Zeit für die Vorbereitung einer Gegenoffensive zu gewinnen. Allerdings, und das ist unbestritten, haben russische Truppen inklusive der Söldner der Wagner-Armee den Ostteil der Stadt erobert und dürften das Stadtzentrum erreicht haben. Den Verteidigern bleibt nur ein wenige Kilometer breiter Korridor gen Westen für ihren Nachschub bzw. eventuellen Abzug. „Die wahren Helden sind die Verteidiger, die die Ostfront auf ihren Schultern tragen“, sagte Syrskyj.

Zwar lautet der Tenor westlicher Militärs und Militärexperten generell, dass das zerstörte Bachmut aufgegeben werden könnte, weil man den Russen auch im Hinterland begegnen kann. Allerdings gab es zuletzt Andeutungen seitens der Regierung in Kiew, die man so auslegen kann, dass die Ukrainer womöglich doch zu wenige Kräfte in der Tiefe haben, um einen Angriff in den Rest der Region Donezk zu stoppen. Allerdings dürften die Russen ihrerseits so angeschlagen sein, dass ihnen zumindest ein schneller Vormarsch nicht gelingen kann. Letztlich hat das Ringen um Bachmut ohnehin symbolische Bedeutung erlangt und wird von beiden Seiten mythisch überhöht. Es wird als eine Art Stalingrad, Verdun, Kursk oder Bastogne in die Geschichte eingehen, auch wenn es in taktischer Hinsicht vielfach keine Parallelen gibt.

Die schiere Masse der Russen

Die ukrainische Vize-Ministerpräsidentin Olha Stefanischyna räumte in der französischen Zeitung „Journal du Dimanche“ ein, es werde „kompliziert für uns, Widerstand zu leisten“. Damit meinte sie nicht zuletzt einen akuter werdenden Mangel an Munition speziell für Artillerie. Sie verwies aber auf Moskaus Verluste: „Wir schätzen, dass die russische Armee seit vergangenem Jahr schon 150.000 Mann auf unserem Boden verloren hat. Die Menschenmasse ihrer Infanterie ist eine erschreckende Waffe, sie scheint in Umfang und Zeit unerschöpflich zu sein.“

Brenzlige Lage in Moldau

In der Hauptstadt der zwischen Rumänien und der Ukraine liegenden Republik Moldau hat derweil am Sonntagnachmittag ein weiterer Protest der Anhänger der oppositionellen prorussischen Shor-Partei gegen die proeuropäische Regierung stattgefunden. Etwa 1000 Demonstranten riefen „Nieder mit der Diktatur“ und forderten den Rücktritt von Staatspräsidentin Maia Sandu sowie der neuen Regierung unter Premierminister Dorin Recean. Zeitgleich gingen bei der moldauischen Polizei Bombendrohungen ein, die sich unter anderem gegen den Flughafen in Chisinau richteten, der zeitweilig evakuiert wurde.

Im Vorfeld der Demo hatten die moldauischen Behörden drastische Sicherheitsmaßnahmen ergriffen, zumal die USA gewarnt hatten, dass russische Akteure bemüht seien, die Proteste anzuheizen, um einen Umsturz in Moldau (rund 2,6 Millionen Einwohner) zu bewirken. Die Polizei gab an, man habe in den vergangenen Tagen mehr als 180 Ausländern aus Sicherheitsgründen die Einreise verweigert – darunter auch mutmaßlichen Mitgliedern der Söldner-Gruppe Wagner. Zudem sei ein Netzwerk von „Unruhestiftern“ ausgehoben worden, sieben Personen wurden verhaftet. Anführer seien zwei Russen gewesen.

Im Osten von Moldau gibt es das kleine Gebiet Transnistrien, das sich nach der Staatswerdung des ethnisch vorwiegend rumänischen Moldau 1991 abgespaltet hat und prorussisch ist. Dort ist eine kleine russische Schutztruppe von rund 1500 Mann stationiert – militärisch zwar eher wirkungslos, aber durchaus für Sabotage geeignet. Da Transnistrien geografisch komplett isoliert ist, kann Moskau hier in Wahrheit militärisch nicht mehr eingreifen. (wg/ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.03.2023)

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