TV-Notiz

Der lange Nachhall der Oscar-Watschen

Jimmy Kimmel und der Esel.
Jimmy Kimmel und der Esel.(c) AFP
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Vor einem Jahr sorgte Will Smith mit einer Attacke gegen Moderator Chris Rock für den vielleicht größten Skandal der Oscar-Geschichte. Es war auch heuer das alles bestimmende Thema. Der Auftritt eines Esels konnte davon nicht ablenken.

Es war vielleicht vorauszusehen, aber dann doch überraschend, wie sehr Will Smiths „Slap“ gegen Moderator Chris Rock bei der Oscar-Gala des Vorjahres seinen Schatten über die diesjährige Veranstaltung warf. Damals war Smith, der sich von einer Äußerung Rocks beleidigt fühlte, auf die Bühne gestürmt und hatte Rock einen Schlag verpasst.

Der diesjährige Moderator Jimmy Kimmel stellte nun gleich zu Beginn der Gala im Dolby Theatre in Los Angeles klar: „Wir wollen, dass Sie Spaß haben. Wir wollen, dass Sie sich sicher fühlen. Aber am Wichtigsten: wir wollen, dass ich mich sicher fühle.“ Es gebe daher eine strikte Sicherheitspolitik bei den heurigen Oscars, scherzte Kimmel weiter. „Sollte irgendjemand in diesem Theater zu irgendeinem Zeitpunkt einen Akt der Gewalt vollziehen, werden Sie mit dem Oscar als bester Schauspieler ausgezeichnet und Ihnen wird eine 18-minütige Dankesrede erlaubt.“

In Anspielung darauf, dass das Publikum im Vorjahr Will Smith zu seiner Dankesrede nach dem Eklat applaudierte, fügte er hinzu. „Sollte doch etwas Unvorhergesehenes oder Gewalttätiges geschehen, tun Sie einfach, was Sie letztes Jahr getan haben - nichts. Vielleicht geben Sie dem Angreifer sogar eine Umarmung“.

Das von den Oscar-Verantwortlichen eigens engagierte Krisen-Team (wie auch immer dessen Mission wohl ausgesehen haben mag) sollte auf keinen Fall zum Einsatz kommen. Kimmel fantasierte jedenfalls davon, dass jeder Angreifer erst einmal an der Security vorbeikommen müsse. Im Publikum säßen Superhelden und harte Kerle wie „The Mandalorian“, die Boxer aus „Creed“, die kampferprobte Michelle Yeoh aus „Everything Everywhere All at Once“ sowie Spiderman oder „Fable-man“ Steven Spielberg.

Ein Esel auf der Oscar-Bühne

Kimmel arbeitete sich vorsichtig an Witzen ab, die auf keinen Fall in den Verdacht geraten sollten, irgendjemanden zu beleidigen. Bis auf die „Babylon“-Produzenten vielleicht, deren Film an den Kinokassen floppte: Es gebe Dinge, die Filme können, das Fernsehen aber nicht: Zum Beispiel könne eine TV-Sendung nicht 100 Millionen Dollar versenken. „Ist das Team von Babylon heute hier?“, fragte er in den Saal.

Eine weitere Auswahl seiner Sager: „Das vergangene Jahr war eines der Diversität und Inklusion. Wir haben Nominierte von jedem Winkel in Dublin“, spielte er auf den Nominierungsreigen irischer Schauspieler („The Banshees of Inisherin“) an. Hollywood gingen die Ideen aus, hieß es an anderer Stelle. Die zehn erfolgreichsten Filme des Jahres seien Sequels oder Franchises. Sogar Steven Spielberg müsse Filme über Steven Spielberg drehen. Warum „Avatar“-Regisseur James Cameron nicht nominiert worden sei? „Was dachten sie, was er ist – eine Frau?“

Als Tribut für „The Banshees of Inisherin“ brachte Kimmel schließlich später einen Esel, bekleidet mit einer Weste, auf der „Emotional Support" zu lesen stand, auf die Bühne. „Das ist Jenny", erklärte er in Anspielung auf den Esel aus „Banshees“ (übrigens nicht die "echte" Jenny, wie die Filmfirma versichern ließ). Der Esel sei nicht nur Schauspielerin, sondern auch ein zertifizierter "Emotional Support"-Esel. Kimmel führte Jenny dann zu den "Banshees"-Darstellern Colin Farrell und Brendan Gleeson, „dessen Finger sie gegessen habe“ (eine weitere Anspielung auf eine berühmte Szene aus dem Film).

Die Oscars im Quotentief

Jetzt vermisse man den „Slap“-Moment vom letzten Jahr, scherzte Kimmel dann irgendwann in der Mitte der Show. Da ging es fast unter, als er darüber witzelte, dass die Oscars heuer starke Konkurrenz hätten. Die letzte Folge der Erfolgsserie „The Last of US“ mit Pedro Pascal, der als Host bei den Oscars tätig war, laufe nahezu parallel.

Es war eine Anspielung darauf, wie bedeutungslos die Gala - was Einschaltquoten betrifft - mittlerweile geworden ist. An das Verschieben eines Sendetermins wegen der Oscars denkt längst niemand mehr. Slap hin oder her.

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