Als erste asiatische Frau bekam Michelle Yeoh den Oscar als beste Hauptdarstellerin. Sie kam zufällig zur Schauspielerei - und war zunächst einmal Martial-Arts-Star des Hongkong-Kinos.
Es ist ein geschichtsträchtiger Preis: Die Rolle in „Everyting Everywhere All at Once“ brachte Michelle Yeoh den Oscar als beste Hauptdarstellerin. In der 95-jährigen Geschichte der Academy Awards ist es das erste Mal, dass die Statuette in dieser Kategorie an eine asiatische Frau geht. Was sie freilich in ihrer Rede nicht unausgesprochen ließ: „An alle kleinen Mädchen und Buben da draußen, die wie ich aussehen: Dieser Preis ist ein Leuchtfeuer der Hoffnung und der Beweis, dass Träume wahr werden.“ Gleichzeitig betonte sie noch ein anderes Thema, das in Hollywood unter Frauen nicht unwichtig ist: „Und an alle Frauen: Lasst euch niemals sagen, dass ihr eure beste Zeit schon hinter euch habt.“ Michelle Yeoh ist 60 Jahre alt.

Wer ist die malaysische Schauspielerin chinesischer Abstammung? Zur Schauspielerei kam Yeoh, eine Anwaltstochter, nur zufällig. Nämlich nachdem ihre Mutter sie zu einem Schönheitswettbwerb angemeldet hatte und sie völlig überraschend zur „Miss Malaysia 1983“ wurde.
Es folgte die schnelle Karriere als Powerfrau des Hongkong-Kinos: Mit der Martial-Arts-Serie „In the Line of Duty“ (und Partnerin Cynthia Rothrock) prägte sie einen Genreboom, nämlich Polizeifilme um starke Heldinnen. Yeohs ursprünglich erträumte Ballettlaufbahn war wegen einer Wirbelsäulenverletzung gescheitert, aber die Tanzausbildung half ihr bei der Entwicklung eines eigenen Kampfstils.

Starke Auftritte hatte sie etwa mit Jackie Chan in „Police Story 3“, international bekannt wurde sie als resolutes Bondgirl in „Der Morgen stirbt nie“ (1997). Ang Lees Kampfkunstwelterfolg „Tiger & Dragon“ zementierte im Jahr 2000 ihr Image. Dabei hatte sich Yeoh in Asien längst als vielschichtigere Schauspielerin etabliert.

Im Jahr 2005 war Yeoh in der von Steven Spielberg produzierten Romanverfilmung „Die Geisha" zu sehen (es gab Kontroversen, fast einen Skandal, weil gleich drei Chinesinnen japanische Geishas spielten, die in China als einfache Prostituierte betrachtet wurden). In Luc Bessons Filmbiografie „The Lady“ spielte Yeoh 2011 dann die burmesische Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi.

Eine ältere asiatische Migrantin als Superheldin
Nun also der Oscar. Mit einem außergewöhnlichen Film, einer Mischung aus Sci-Fi-Spektakel, Migrationsdrama und wilder Sketch-Comedy. Mit einer Rolle, in der sie von einer geplagten Waschsalon-Besitzerin zur mannigfaltig begabten Superheldin wird.
„Denken Sie mal darüber nach“, sagte Yeoh vergangenes Jahr in einem Interview mit der „New York Times“: „Das ist das erste Mal, dass eine ältere asiatische Migrantin als Superheldin auftritt und die Möglichkeit hat, diese Art von Kampfkunst zu demonstrieren. Das ist normalerweise einer jüngeren Version vorbehalten. Es hätte auch eine jüngere Frau sein können. Aber im Allgemeinen ist es immer ein älterer Mann.“

(red.)