Verhandlungen

Landbauer: "ÖVP muss vom Corona-Saulus zum Paulus werden"

Johanna Mikl-Leitner (ÖVP)
Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) APA/ROLAND SCHLAGER
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Viele Knackpunkte und wenig Vertrauen prägen die Verhandlungen zwischen ÖVP und FPÖ über eine Zusammenarbeit in Niederösterreich.

In den Verhandlungen zwischen Volkspartei und Freiheitlichen über eine Zusammenarbeit nach der Landtagswahl in Niederösterreich stehen laut FPÖ-Landespartei- und -Klubobmann Udo Landbauer Knackpunkte noch bevor. Der Freiheitliche nannte am Montag vor Medienvertretern etwa Corona und den "Kampf gegen die Preisexplosion". Inhaltlich sei man ein gutes Stück weitergekommen, es brauche aber Zeit, um Vertrauen aufzubauen, so Landeshauptfrau und ÖVP-Landesparteichefin Johanna Mikl-Leitner.

Ursprünglich war ein gemeinsames Statement geplant, kurzfristig gab es jedoch getrennte Stellungnahmen im St. Pöltner Landhaus. "Wenn es einen besonderen Graben gibt, dann zwischen ÖVP und FPÖ" sowie zwischen ihr und Udo Landbauer, erklärte die Landeshauptfrau: "Doch für Niederösterreich zu arbeiten bedeutet auch, bereit zu sein, diese Gräben zu schließen. Dazu sind wir beide bereit und wissen, dass das für uns beide eine gewisse Überwindung darstellt."

FPÖ fordert "Ende der Diskriminierung von Ungeimpften"

Auf der Agenda in den Verhandlungen standen bisher Verkehr, Bildung, Familie, Integration, Kinderbetreuung, Sicherheit, Gemeinden, Soziales und Pflege. Diese Themen seien "noch nicht die großen inhaltlichen Knackpunkte, die kommen in den nächsten Stufen der Gespräche. Ich gehe von einer durchaus schwierigen Phase aus", meinte Landbauer. Am Montag wurde u.a. über Wohnbau gesprochen, auch über die Corona-Politik sollte laut dem Freiheitlichen diskutiert werden.

Durch den "Corona-Wahnsinn" seien Milliarden vernichtet und viel Porzellan zerschlagen worden, kritisierte der Blaue. "Die ÖVP muss vom Corona-Saulus zum Corona-Paulus werden", forderte Landbauer "schonungslose Aufarbeitung", Rückzahlung von Corona-Strafen und ein "Ende der Diskriminierung von Ungeimpften in allen Bereichen".

Ob es sich für ein Arbeitsübereinkommen ausgehe oder nicht, hänge vor allem von der ÖVP ab, sagte Landbauer. "Das Zauberwort lautet echte Veränderung", betonte der Freiheitliche. "Weitermachen wie bisher kann und wird es mit der FPÖ nicht geben", stellte er klar. "Der demokratische Machtverlust ist aber nicht in allen Köpfen angekommen", wenn die ÖVP aber "nur Lösungen für sich selbst sucht", werde es keine Einigung geben.

Einigung bis Mitte der Woche?

Als Ziel galt bisher, bis Mitte der Woche eine Einigung zu erzielen. "Ich denke, der Wille dazu ist von beiden Seiten da. Aber Stand heute kann ich es Ihnen nicht sagen, ob wir es auch tatsächlich schaffen", meinte Mikl-Leitner. Man habe das Wochenende genutzt und intensiv gearbeitet, um ein gemeinsames Programm zustandezubringen, sagte Mikl-Leitner. "Die Gespräche waren geprägt davon, dass wir Gemeinsamkeiten in den Mittelpunkt gestellt haben. Es wurde professionell und gut gearbeitet, aber es wurde auch in aller Härte intensiv diskutiert", berichtete die Landeshauptfrau: "Auch wenn wir uns aktuell auf einem guten Weg befinden, haben wir noch viele Herausforderungen vor uns."

Landbauer hat angekündigt, dass die FPÖ in der konstituierenden Landtagssitzung am 23. März nicht für Mikl-Leitner als Landeshauptfrau stimmen wird. Spekuliert wurde, ob die 14 freiheitlichen Abgeordneten ungültig wählen. Damit wäre mit den 23 ÖVP-Vertretern bei insgesamt 56 Mandataren die erforderliche Mehrheit erreicht. Es zählen nur gültige Stimmen. "Wir werden den Saal nicht verlassen", sagte der Freiheitliche am Montag auf Nachfrage.

Zuvor hatte die ÖVP mit den Sozialdemokraten verhandelt. Der designierte SPÖ-Landesparteivorsitzende Sven Hergovich stellte sechs Bedingungen für eine Zusammenarbeit und erklärte in einem Interview mit der deutschen Wochenzeitung "Die Zeit": "Bevor ich ein Übereinkommen unterzeichne, in dem nicht alle diese Punkte enthalten sind, hacke ich mir die Hand ab." Mikl-Leitner sagte am Montag im Rückblick: "Aufgrund der Maßlosigkeit an Forderungen wurde die Stopptaste gedrückt."

Die ÖVP hat bei der Landtagswahl am 29. Jänner auf 39,93 Prozent (minus 9,70 Prozentpunkte) erreicht und damit die absolute Mehrheit im Landtag und erstmals auch in der Landesregierung verloren. Die FPÖ erzielte mit 24,19 Prozent ein Rekordergebnis und löste die Sozialdemokraten auf Platz zwei ab. Wie die Schwarzen fuhren auch die Roten (20,65 Prozent) ihr schlechtestes Resultat im Bundesland seit 1945 ein. Die Volkspartei stellt vier, die FPÖ drei und die SPÖ zwei Mitglieder in der nach dem Proporzsystem gebildeten Landesregierung. Die Grünen erreichten mit 7,59 Prozent wieder Klubstärke, die NEOS kamen auf 6,67 Prozent.

(APA)

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