Börsenreport

Pleite im Silicon Valley macht Anleger an Europas Börsen nervös

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Europäische Bankentitel stürzen ab und die Reputation der Credit Suisse sinkt weiter.

Wien. Die Pleite der Silicon Valley Bank in den USA und mögliche systemische Risiken im Bankensektor verunsicherten die Anleger am Montag massiv und ließen auch nach Ankündigung des US-Einlagensicherungsfonds FDIC, die Kundengelder zu garantieren, nicht nach. Im Handelsverlauf fiel der DAX unter die Marke von 15.000 Punkten und verlor damit fast drei Prozent – nach einem Verlust von 1,5 Prozent am Freitag.


Noch härter traf es die einzelnen Finanztitel: Der Aktienkurs der Deutschen Bank gab um sieben Prozent nach, nachdem er am Freitag schon gut sieben Prozent eingebüßt hatte. Die Titel der Commerzbank stürzten zwischenzeitlich um fast zwölf Prozent ab – nach einem Minus von 2,6 Prozent am Freitag. Europaweit standen die Aktien der Banken allesamt unter Druck, der Branchenindex Euro Stoxx 50 rutschte um sieben Prozent ab. Sorgen, dass die nach Bilanz vierzehntgrößte Bank der USA auf weitere Finanzinstitute übergreift, rüttelten auch die Wiener Börse durch.


Der finanzstarke ATX verlor rund vier Prozent, und als Spitzenreiter zeigten die Papiere der Bawag mit einem Verlust von zeitweise mehr als elf Prozent auf. Die Regulatoren nähmen den Kollaps der SVB sehr ernst, sagte Portfoliomanager Thomas Altmann vom Handelshaus QC Partners zur Nachrichtenagentur Reuters: „Die große und entscheidende Frage ist jetzt, wie viele Banken folgen werden.“ In der Schweiz wurden die Titel der Credit Suisse am härtesten getroffen, verloren zeitweise um mehr als elf Prozent und landeten auf einem neuen Tiefststand bei 2,24 Schweizer Franken. Zudem erhöhte sich erneut der Wert der Kreditausfallversicherungen (CDS) der Schweizer Großbank von 416 auf fast 450 Basispunkte.

Bonität der Großbanken

Fünfjährige Credit Default Swaps (CDS) sind ein Richtwert, um die Bonität eines Unternehmens einschätzen zu können. Mit diesen Derivaten decken sich Anleger ein, wenn sie sich gegen die Zahlungsunfähigkeit eines Unternehmens absichern wollen.

Seit der Finanzkrise 2008 sind CDS einem breiteren Publikum ein Begriff – sie gelten als schnell reagierendes Barometer für Risiken und Unsicherheit. Die Marke von 433 Basispunkten stellte am Montag ein Rekordniveau dar. Schon im Oktober des vergangenen Jahres sorgte die Credit Suisse für Schlagzeilen, nachdem dieses Barometer nach oben geschnellt war. Aber was bedeutet das nun konkret für die Großbank?
Solche steigenden Versicherungskosten gegenüber einem Zahlungsausfall bedeuten im Grunde ein Reputationsproblem. Denn dieses Barometer drückt aus, dass die Zweifel wachsen, ob die Credit Suisse ihren finanziellen Verpflichtungen weiter nachkommen kann. Zudem steigen dadurch auch die Zinsen, welche die Bank bei der Aufnahme neuer Schulden bezahlen muss.


Zusätzlich belastet könnte die Credit Suisse insoweit werden, als sie noch immer fleißig bei großen Deals in dem nun volatilen US-Markt mitmischt und in dem Investmentsektor vertreten ist.

US-Bezug als Schwäche

Einen starken US-Bezug weist auch die Bawag auf, die zu den größten Verlierern im heimischen Index gehört. Laut eigenen Aussagen gehören die USA zu den Kernmärkten der Bank und zehn Prozent aller aushaftenden Kredite des Portfolios stehen im Zusammenhang mit den Vereinigten Staaten. Zudem kaufte sie die Peak Bancorp, Holdinggesellschaft der Idaho First Bank auf – bislang ist diese jedoch noch nicht bilanzwirksam, denn die behördliche Genehmigung steht nach wie vor aus.

Diese Verbundenheit erklärt den Absturz der Aktie, aber Friedrich Mostböck, Chefanalyst der Erste Group, zeigt sich im Gespräch mit der „Presse“ dennoch verwundert, dass sich in solchen Situationen auch die institutionellen Investoren von ihrer nervösen Seite zeigen. Der SVB-Kollaps sei in keiner Weise mit der Finanzkrise 2008 vergleichbar, sagt Mostböck und erwartet auch eine weitere Anhebung der Leitzinsen durch die Fed. Es habe bei Lehman eine viel stärkere weltweite Verstrickung gegeben – so waren auch viele europäische Finanzinstitute in die Subprime-Kredite investiert, und dadurch wurde die globale Finanzkrise ausgelöst. Die Silicon Valley Bank hingegen agiere dafür viel zu lokal.


Auch abseits der Bankwerte gab es bei einigen Aktien starke Verluste. So büßten die Aktien des Ölfeldzulieferers Schoeller-Bleckmann fast sieben Prozent ein und Titel der OMV verloren fünf Prozent. Verluste zwischen fünf und sechs Prozent gab es auch für Palfinger, Wienerberger und Lenzing.

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