Geldpolitik

Nach US-Bankenpleite: Drosselt EZB nun Tempo bei Zinspolitik?

Die EZB unter der Präsidentin Christine Lagarde entscheiden am Donnerstag über ihre Zinsen.
Die EZB unter der Präsidentin Christine Lagarde entscheiden am Donnerstag über ihre Zinsen.IMAGO
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Die US-Notenbank Fed dürfte Zinsen nun langsamer erhöhen. Das hat auch Auswirkungen auf das Wachstum in Europa und auf die Eindämmung der hohen Inflation.

Das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung rechnet nach der Pleite der Silicon Valley Bank mit einer zurückhaltenderen Zinspolitik der Europäischen Zentralbank. "De facto dürften die Ereignisse in den USA die EZB zu einer etwas langsameren Gangart bewegen", sagte der wissenschaftliche Direktor des gewerkschaftsnahen Instituts, Sebastian Dullien, am Dienstag.

Die von der Pleite ausgelösten Finanzmarktturbulenzen in den USA dürften dort zu einer gewissen Vorsicht bei Investitionen und Kreditvergabe führen und von sich aus das Wachstum bremsen. Dadurch werde die US-Notenbank Fed ihre Zinsen nun langsamer erhöhen. "Das dämpft auch das Wachstum in Europa", sagte Dullien. "Außerdem reicht bei niedrigeren US-Zinsen auch ein etwas niedrigerer EZB-Zins, um den Euro-Wechselkurs stabil zu halten."

Der Ökonom hält aber auch grundsätzlich ein etwas langsameres Tempo bei den Zinserhöhungen für angebracht, auch ohne die aktuellen Probleme im Bankensektor. "Geldpolitik braucht mehrere Quartale, bis sie auf die Wirtschaft wirkt, und die EZB schien zuletzt auf Zinserhöhungen abonniert, ohne wirklich die Wirkungen abzuwarten", argumentiert Dullien. "Mit solch einem Ansatz besteht immer die Gefahr, zu überziehen."

EZB-Entscheidung am Donnerstag

Die EZB-Währungshüter um ihre Chefin Christine Lagarde entscheiden am Donnerstag über ihre Zinsen. Erwartet wird eine kräftige Anhebung des Leitzinses von 3,00 auf 3,50 Prozent. Es wäre bereits der sechste Schritt nach oben in Folge seit der Zinswende im Juli 2022. Damit will die EZB die hartnäckig hohe Inflation bekämpfen. Aktuell liegt die Teuerungsrate in der Eurozone bei 8,5 Prozent.

"Die Geldpolitik steckt in einer gefährlichen Zwickmühle, wenn sie aus Gründen der Bankenstabilität die Zinsen nicht erhöhen kann, obwohl die Inflation das anzeigen würde", sagte Dullien. Deshalb sei es so wichtig, dass Banken streng reguliert und gut beaufsichtigt werden. "Ich hoffe, dass die EZB in Europa eine bessere Arbeit bei der Bankenaufsicht geleistet hat als die für die SVB verantwortlichen Behörden in den USA", sagte der IMK-Experte.

Auch in internationalen Zeitungen wird diese Problematik am Dienstag diskutiert. Laut der Londoner "Times" wetten die Märkte nun auf eine Pause bei den Zinserhöhungen. "Anleger befürchten nun, dass Kunden kleinerer Banken ihre Einlagen zu größeren, solideren Instituten verlagern werden, was zu ähnlichen Problemen wie bei der SVB führen könnte. Gleichzeitig birgt die Entscheidung, alle Einlagen der SVB zu garantieren, die Gefahr, dass andere Banken mit wackeligen Geschäftsmodellen zu riskantem Verhalten verleitet werden", so die Zeitung. "Die Biden-Regierung sah sich zweifellos gezwungen, dieses Risiko einzugehen, weil die Gefahr besteht, dass die Pleite der SVB die gesamte Wirtschaft in Mitleidenschaft zieht. Die unmittelbare Sorge ist, dass der Bankensektor seine Kreditvergabestandards verschärft, was zu einer Kreditverknappung führen würde. Das wäre nicht nur ein Problem für Verluste machende Tech-Start-Ups. Es birgt auch die Gefahr, dass sich der finanzielle Stress auf die breitere Private-Equity-Branche überträgt, der große Teile der US-Wirtschaft gehören. Die Märkte wetten nun darauf, dass das Fed seine Zinserhöhungen pausieren oder sogar rückgängig machen muss, um dieses Risiko einzudämmen."

Der größte Kollaps eines Geldhauses seit der globalen Finanzkrise 2008 hatte weltweit Schockwellen an den Finanzmärkten ausgelöst. Die SVB hatte viel Geld in lang laufende US-Staatsanleihen investiert, die infolge des Zinsanstiegs an Wert verloren.

(APA)

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