Wiener Ansichten

Wurstelprater: Monströser Unfug – und wie man ihn legitimiert

(c) Wolfgang Freitag
  • Drucken

„Neue Rotunde“ – oder monumentales Abflussrohr? Besuch in Wiens Geisterbahn des Jämmerlichen.

(c) Wolfgang Freitag

Selbst in der besten aller Welten muss es Ecken geben, die nicht ganz so best sind wie der Rest. Wie sollten wir sonst erkennen können, dass jenes Beste eben doch das Beste ist? Und so dürfen wir uns auch jenseits bester Welten, sagen wir, in Wien, über diverse Peinlichkeiten damit hinwegtrösten, dass uns alles andere ob des nicht gar so Guten nur umso besser scheint. Blöd ist halt nur, wenn eine dieser Peinlichkeiten Jahr für Jahr Gäste sonder Zahl interessiert.
Mehr als fünf Millionen Besucher verzeichnete der Wiener Wurstelprater im letzten Vor-Corona-Jahr, und auch heuer werden es Millionen sein, die in dieser 26 Hektar großen Geisterbahn des Jämmerlichen nach etwas suchen, was sie dort nicht finden werden: Unterhaltung auf einem Niveau, wie es in Vergnügungsparks rund um den Globus längst selbstverständlich scheint. Was umso ärgerlicher ist, als eines der ehrwürdigsten Wahrzeichen der Stadt, das Riesenrad, ausgerechnet in solchem Ambiente sein Dasein fristen muss.
Weder ein (hilflos) neu gestaltetes Entree noch diverse Innovationen aus vierter, fünfter Hand vermochten dem Elend in der jüngeren Vergangenheit Abhilfe zu schaffen. Und so ist es nur folgerichtig, was sich dieser Tage im äußersten Osteck des Unglücksgeländes begibt: Da hat sich jüngst eine Art monumentales Abflussrohr 33 Meter in den Leopoldstädter Himmel geschoben, das nach Willen der Betreiber eine „neue Rotunde“ werden soll – und doch nicht mehr ist als ein neues Stück Unsäglichkeit in dieser Mustersammlung der Unsäglichkeiten.
Doch halt: Die Tausenden Kubikmeter Stahlbeton, künftig als Präsentationsort von „Riesenrundbildern“ ausersehen, sollen ja eh begrünt und mit Fotovoltaik ausgestattet werden. Na dann ist ja alles gut: Derlei verschafft bekanntlich auch anderwärts in Wien jedem noch so monströsen Unfug Legitimation . . .

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.