„Anschlagsgefahr“

Warnung vor Terrorgefahr in Wien bleibt vorerst aufrecht

Die Presse/Bernadette Krassay
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Wiener Polizistinnen und Polizisten haben vor Kirchen und anderen neuralgischen Orten Stellung bezogen. Die Exekutive spricht von Hinweisen, dass ein islamistisch motivierter Anschlag in Wien geplant ist.

Polizistinnen und Polizisten haben am Mittwochvormittag vor Wiener Kirchen verschiedener Konfessionen und anderen neuralgischen Orten, wie dem Parlament und dem Schloss Schönbrunn, Stellung bezogen. Grund dafür ist eine „Anschlagsgefahr gegenüber Kirchen“, wie die Wiener Polizei auf Twitter mitteilt. Die Direktion Staatsschutz & Nachrichtendienst (DSN) habe Hinweise erlangt, dass ein islamistisch motivierter Anschlag in Wien geplant ist.

Die ausgesprochene Warnung vor einer Anschlagsgefahr ist vorerst weiterhin aufrecht geblieben. "Die Dauer können wir nicht abschätzen", sagte Polizeisprecher Markus Dittrich am späten Mittwochnachmittag. Gegen 21 Uhr hatte sich das Polizei-Aufgebot in der Wiener Innenstadt bereits aufgelöst. 

Die Presse/Bernadette Krassay

Größerer Einsatz bei TU

Am Dienstag hatte DSN-Chef Omar Haijawi-Pirchner noch bei einer Pressekonferenz informiert, dass es keine „konkrete Gefahr und Anschlagspläne gegen Österreich" gebe. Die Gefahr islamistischer Terroranschläge sei jedoch nicht gebannt. Immer wieder würden Personen, die der Terrorgruppe Islamischer Staat nahestehen nach Österreich und Europa gelangen: „Der Verfassungsschutz beobachtet diese Leute“, sagte Haijawi-Pirchner.

Einen größeren Polizeieinsatz, der im Zusammenhang mit den Terrorwarnungen gegen religiöse Einrichtungen stand, gab es am Nachmittag in der Garage der Technischen Universität (TU) Wien. Mehrere Polizeiautos fuhren dabei vor und durchsuchten den Bau. Das blieb laut Polizeisprecher Markus Dittrich aber ohne Ergebnis. „Insbesondere die Garage von der TU wurde durchsucht. Wir sind im gesamten Wiener Stadtgebiet unterwegs. Wir durchsuchen, kontrollieren und überwachen“, so Dittrich.

Offenbar koptische Kirchen im Fokus

Die „Kronenzeitung" berichtet online, dass es Geheimdienst-Hinweise gebe, wonach koptische Kirchen in Wien Ziel von Anschlägen werden könnten. Offenbar soll eine nicht nähere definierte syrische Gruppe Landsleuten drohen, die nicht für den Dschihad kämpfen wollten.

Bischof Gabriel von der koptisch-orthodoxen Kirche bestätigte gegenüber dem Ö1-"Mittagsjournal", dass man über eine Bedrohungslage informiert worden sei. Aktuell seien aber vor den koptischen Kirchen Maria vom Siege beim Westbahnhof und Heilige Mina in Favoriten keine Beamten in Sicht, wie ein Lokalaugenschein der „Presse“ ergab. Beide Kirchen waren am frühen Nachmittag geschlossen, die Bauarbeiten an der Fassade der Kirche Maria vom Siege gehen vorerst ungestört weiter.

Koptische Kirche in Österreich

Wien gilt als Zentrum der koptisch-orthodoxen Kirche im deutschsprachigen Raum. 5100 Kopten leben laut Statistik Austria in Österreich, etwa 4000 davon in Wien. Viele davon kamen in den 1970er Jahren nach Österreich, als die Unterdrückung der koptischen Minderheit in Ägypten zunahm. Einen Priester in Österreich gibt es bereits seit 1976, seit 2003 ist die Kirche staatlich anerkannt. In Wien gibt es fünf koptisch-orthodoxe Kirchen, erst 2016 war die Kirche Maria vom Siege von der katholischen an die koptische übergeben worden. Andere Gemeinden gibt es in Klagenfurt, Graz, Linz, Innsbruck und Bruck an der Mur sowie ein Kloster in Obersiebenbrunn.

Am Mittwochnachmittag meldete die Polizei, dass Sicherheitsmaßnahmen „nicht nur explizit christliche Kirchen, sondern Gebetshäuser und Einrichtungen verschiedener Konfessionen“ betreffen würden.  Diese präventiven Maßnahmen würden bis auf Weiteres aufrecht bleiben, hieß es.

Cobra und Wega am Stephansplatz

Auf dem Stephansplatz haben jedenfalls schwer bewaffnete Polizisten mit Sturmgewehren, Beamte des Einsatzkommandos Cobra und der Einsatzeinheit WEGA Stellung bezogen. Währenddessen lassen sich die Touristen vor Ort durch die Vorsichtmaßnahmen nicht beim Fotografieren und Bestaunen der Kathedrale stören. Auch in den Stephansdom gelangt man problemlos.

Die Wiener Linien fahren derzeit ohne Einschränkungen - auch die Station Stephansplatz ist im Normalbetrieb. Man werde die Bevölkerung auf dem Laufenden halten. Insbesondere rund um Kirchen stehen Cobra und Wega im Einsatz, wie Polizei-Pressesprecher Markus Dittrich gegenüber der „Presse“ sagt.

Verstärkte Überwachung

Aufgrund einer Gefährdungseinschätzung der DSN sowie mehrerer Landesämter für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) sei als Vorsichtsmaßnahme eine verstärkte Überwachung und Bewachung neuralgischer Orte und Objekte in Wien angeordnet worden.

„Dies ist bei solchen Szenarien durchwegs üblich“, schreibt die Behörde. Wie lange der Objektschutz dauern wird, sei noch nicht klar. Jedoch: „Sollte für die Bevölkerung eine konkrete Gefahr an einem konkreten Ort bestehen, warnt die LPD (Landespolizeidirektion, Anm.) Wien sofort über alle verfügbaren Kanäle“. Es müssten deshalb auch vorerst keine bestimmten Plätze gemieden werden.

Die Exekutive appelliert zudem, keine Gerüchte sowie Fotos oder Videos von dem polizeilichen Einschreiten zu verbreiten. „Dies kann potenziellen Tätern helfen und gefährdet unsere Einsatzkräfte“, erklärt die LPD Wien.

Katholische Kirche überrascht

Vertreter der katholischen Kirche zeigten sich überrascht. Auch sie haben über Twitter von der Warnung erfahren. Kardinal Christoph Schönborn befindet sich gegenwärtig auf der Frühjahrsvollversammlung der Bischofskonferenz in Seitenstetten. Man warte dort auf Informationen der Polizei, heißt es gegenüber der „Presse".

Die Kirchen bleiben vorerst offen, auch Gottesdienste würden nicht abgesagt werden. Man folge hierbei einer Empfehlung der Behörden. Der Wiener Dompfarrer Toni Faber bestätigt gegenüber "Kathpress", dass man um eine Gefahrenlage wisse. Nähere Details könne er dazu aber nicht nennen. Er sei aber jedenfalls der Polizei bzw. den Sicherheitsbehörden dankbar, "dass sie die Lage im Griff haben und entsprechende Sicherheitsmaßnahmen ergriffen haben".

Der Gründer der syrisch-othodoxen Kirche in Österreich, Emanuel Aydin, hatte nach eigenen Angaben noch keinen direkten Kontakt mit der Polizei. Beamte seien in der Umgebung seiner Kirche in Favoriten gewesen und hätten mit Mitgliedern der Gemeinde gesprochen. Das Gotteshaus sei weiterhin geöffnet.

Keine Auswirkungen auf Spitalsbetrieb

Auf den Spitalsbetrieb in der Bundeshauptstadt habe die Anschlagsgefahr derzeit keine Auswirkungen. Es werden auch keine zusätzlichen Notfallmediziner in Bereitschaft gesetzt bzw. Intensivstationen oder Operationssäle eigens freigehalten. Denn: „Auf Katastrophen- bzw. Großereignisse sind wir im Wiener Gesundheitsverbund immer vorbereitet. Dazu finden auch regelmäßige Übungen statt“, sagt eine Sprecherin im „Presse“-Gespräch.

„Der Wiener Gesundheitsverbund ist dabei in das Katastrophen-Management der Stadt Wien eingebunden. Die Einschätzung der Lage nimmt die Polizei vor.“ Anders ausgedrückt: Die Spitäler Wiens sind im Zuge des Katastrophen-Managements in ständiger Alarmbereitschaft, spezielle Vorkehrungen aufgrund einer Bedrohungslage wie der derzeitigen sind daher nicht erforderlich. Aktiv werden die Notfallabteilungen der Krankenhäuser erst mit einer entsprechenden Meldung der Wiener Berufsrettung.  

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