Verhandlungen

Schwarz-blaue "Klarheit" für Niederösterreich verzögert sich

Noch ist offen, ob sich ÖVP und FPÖ einigen werden können
Noch ist offen, ob sich ÖVP und FPÖ einigen werden können APA/ROLAND SCHLAGER
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Der Stimmzettel für die Wahl zur Landeshauptfrau wird geändert. Ein möglicher Bund zwischen ÖVP und FPÖ stößt indes auf immer mehr Widerstand.

Nach der niederösterreichischen Landtagswahl erweisen sich die Gespräche über eine Zusammenarbeit zwischen Volkspartei und FPÖ weiter als zäh. Am Mittwoch und Donnerstag laufen Verhandlungen "mit offenem Ausgang", hieß es aus ÖVP-Kreisen. Ursprünglich sollte bis Mitte der Woche "Klarheit" über eine Einigung vorliegen. Fix geändert wird unterdessen der Stimmzettel für die Wahl zur Landeshauptfrau in der konstituierenden Sitzung am 23. März. Es könne demnach "Ja" oder "Nein" angekreuzt werden, so Landtagspräsident Karl Wilfing (ÖVP). "Das adaptierte Design ist am Bundespräsidentenwahlgesetz angelehnt und sorgt für eine klarere Nachvollziehbarkeit des Wählerwillens", erklärte Wilfing.

Gleichzeitig trage man der Möglichkeit des Vorliegens von mehreren Wahlvorschlägen Rechnung. "Die Mitglieder der Präsidialkonferenz haben diese von mir präsentierten Änderung widerspruchlos zur Kenntnis genommen", teilte der Landtagspräsident mit.

Wer wählt Mikl-Leitner?

FPÖ-Landespartei- und -klubobmann Udo Landbauer hat indes angekündigt, dass die Freiheitlichen auch im Falle einer Einigung mit der Volkspartei über eine Zusammenarbeit Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) nicht zur Landeshauptfrau wählen werden. Im Raum steht, dass die 14 FPÖ-Abgeordneten ungültige Stimmzettel abgeben. Die Landeshauptfrau und ihre Stellvertreter werden mit einfacher Mehrheit gewählt. Mit den 23 ÖVP-Vertretern bei insgesamt 56 Mandataren wäre die erforderliche Mehrheit erreicht. Es zählen nur gültige Stimmen.

Zur Stunde würden noch keine Wahlvorschläge für die Funktionen der Landeshauptfrau bzw. des Landeshauptmanns sowie der beiden Stellvertreter vorliegen, teilte Wilfing am späten Mittwochvormittag mit. Grünen-Klubobfrau Helga Krismer hat sich am Dienstag für eine neue Person an der Landesspitze ausgesprochen und die Option offengelassen, dass ihre Partei einen Wahlvorschlag einbringt. Die zwei Landeshauptfrau-Stellvertreter stehen den beiden stimmenstärksten Kräften zu. Dementsprechend dürfen ÖVP und FPÖ einen Wahlvorschlag einbringen.

Dezidiert gegen ein Bündnis von Volkspartei und Freiheitlichen im Bundesland sprachen sich am Mittwoch in einem an Mikl-Leitner gerichteten Offenen Brief zahlreiche Künstlerinnen und Künstler aus Niederösterreich aus. Die Landeschefin wird darin u.a. gebeten, "von dieser folgenschweren Regierungskoalition" Abstand zu nehmen, appelliert wurde an Mikl-Leitners "christliche Werte" sowie ihre "europäische Überzeugung". Unterzeichnet wurde das Schreiben neben anderen von den Autoren Robert Menasse, Gerhard Ruiss und Peter Turrini sowie von der Kulturschaffenden Anna-Maria Krassnigg.

IKG-Präsident für Abbruch der ÖVP-FPÖ-Verhandlungen

Ähnlich äußerte sich der Präsident der auch für Niederösterreich zuständigen Israelitischen Kultusgemeinde Wien (IKG), Oskar Deutsch. Er forderte via Gastkommentar im "Standard" (Onlineausgabe) den Abbruch der schwarz-blauen Verhandlungen. Mikl-Leitner solle "die Gespräche mit dem politischen Arm der deutschnationalen Burschenschaften" sofort beenden und sich an die anderen im Landtag vertretenen Parteien wenden. Die SPÖ sei aufgerufen, "sich ihrer antifaschistischen Rolle bewusst zu werden und den Konsens zu suchen". Ein "'Njet' aus parteitaktischen Überlegungen" bedeute einen Schaden für ganz Österreich.

Die Volkspartei hat nach der Landtagswahl am 29. Jänner, bei der sie die absolute Mehrheit im Landtag und erstmals auch in der Landesregierung verloren hat, zunächst mit der drittplatzierten SPÖ über ein Arbeitsübereinkommen verhandelt. Vergangenen Donnerstag wurden jedoch nach öffentlich gestellten Bedingungen der Sozialdemokraten die "vertiefenden Gespräche" gestoppt. Verhandlungen mit der FPÖ wurden umgehend aufgenommen.

Landbauer hat am Montag vor Medienvertretern mehrere Forderungen an die ÖVP gestellt - darunter eine "schonungslose Aufarbeitung der Schäden der Corona-Politik" samt Entschädigungen. Verlangt wurde von der FPÖ auch eine "Generalamnestie" für CoV-Strafen. Er kenne den Vorschlag nicht im Detail, meinte Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) am Mittwoch am Rande des Ministerrats zur Frage, ob das Zurückzahlen geleisteter Corona-Strafen vorstellbar wäre. Im Fall, dass Strafen zu Unrecht verhängt wurden, müsse man sich das anschauen - aber, betonte der Minister grundsätzlich: "Ich gehe davon aus, dass man sich an Gesetze hält."

Landeshauptfrau und ÖVP-Landeschefin Mikl-Leitner räumte am Dienstag in einer Aussendung ein, dass die Impfpflicht im Nachhinein gesehen ein "Fehler" gewesen sei. "Lippenbekenntnisse werden zu wenig sein", meinte der freiheitliche Landesparteichef daraufhin.

(APA)

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