Lokalkritik

Lokalkritik im Hemma: Zwischen Köttbullar und Rentierflechte

Der vordere Teil des Hemma
Der vordere Teil des Hemma(c) Christine Pichler
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Das Hemma serviert skandinavische Küche: Mal was anderes. Echtes Fine Dining darf man sich aber nicht erwarten.

Man ist wohl nicht allein, wenn einem beim Gedanken an schwedisches Essen als Erstes ein Möbelhaus mit seinen Köttbullar einfällt. Beim Schlagwort Skandinavien kommt einem dann wahrscheinlich René Redzepi in den Sinn und das, was er im Noma (noch) auf den Tisch bringt: Rentierflechten, Baumrinde, Seetang. Was man im Norden sonst so isst? Smørrebrød, Gravlax und vergorenen Hering? Vielleicht ein bisschen sehr stereotyp, aber Fakt ist auch: Die nordische Küche hat sich in Wien bisher absolut nicht etabliert. Sie hat sich aber zuletzt quasi verdoppelt: Zum finnischen Café Ihana, das in der Leopoldstadt Zimtschnecken, Smørrebrød und Karjalanpiirakka serviert, ist vor Kurzem das Hemma gekommen, schwedisch für: zu Hause.

Es ist einerseits eine Cocktailbar mit unter anderem norwegischem Gin, schwedischem Wodka und dänischem Cognac. Andererseits auch ein (Fine-Dining-)Restaurant: weiß vertäfelt, sparsam beleuchtet und irgendwie ganz hygge – dass die Laternen von Ikea stammen, entgeht dem geschulten Auge nicht. Kulinarisch setzt man hier auf moderne schwedische (und ein bisschen dänische) Fusionsküche: Lachstatar mit Roter Rübe (18,50 Euro), Lammkrone (34,50 Euro) oder Elchravioli (23,10 Euro). Ausgerechnet das gab es an dem Tag leider nicht, die Restaurant­woche verpflichtete zum vorgegebenen Menü, aber gut: immerhin eine kleine Reise durchs skandinavische Kulinarikuniversum, beginnend mit Toast Skagen mit Garnelencocktail, gebeiztem Lachs mit Erdäpfel-Dill-Sauce und Pilztaschen in einer Art Blätterteig. Alles nicht schlecht, der Begriff Fine Dining weckt aber definitiv andere Erwartungen.

(c) Christine Pichler

Bohnen auf Stockholmer Art

Das Biff Ryderg ist eine zarte Beiriedschnitte, die Hasselbackkartoffeln, zum Fächer geschnitten und knusprig gebacken, sind in Schweden zu Recht ein Klassiker: könnte man nachmachen. Gelungen sind die Bohnen auf Stockholmer Art, die man sich offenbar hier ausgedacht hat: ein Mix aus knackigen Fisolen, breiten und ausgelösten Bohnen mit würziger Estragoncreme und fein aromatisierter Butter. Kompliment!
Kulinarischer Höhepunkt ist trotz allem das Dessert: Polkagrieseis – das schmeckt nach der berühmtesten schwedischen Süßigkeit, nein: nicht Lakritz, sondern minzige Zuckerstangen – und eine verkehrte karamellige Birnentarte: sehr fein, Süßes kann man in Skandinavien offenbar.

Umso besser, dass das Hemma auch Fika anbietet, also: Kaffee und Kuchen – Stichwort Kanelbullar.

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