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Branchengespräch

Immobilien werden Schritt für Schritt umweltfreundlicher

Peter Engert, Geschäftsführer ÖGNI, Karina Schunker, Geschäftsführerin EHL Wohnen GmbH, und Michael Klement, CEO United Benefits, diskutierten beim ESG Branchengespräch über die Folgen des Klimawandels und die möglichen Auswirkungen auf die Immobilienbranche.
Peter Engert, Geschäftsführer ÖGNI, Karina Schunker, Geschäftsführerin EHL Wohnen GmbH, und Michael Klement, CEO United Benefits, diskutierten beim ESG Branchengespräch über die Folgen des Klimawandels und die möglichen Auswirkungen auf die Immobilienbranche. (c) Günther Peroutka
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Branchengespräch. In den neuen Clubräumen der „Presse“ diskutierten drei Immobilienexperten über das Thema Nachhaltigkeit in der Immobilenwirtschaft. Aufgrund gesetzlicher Vorgaben (Stichwort EU-Taxonomie) vollzieht die Branche eine umfangreiche Neuausrichtung.

Die Folgen des Klimawandels sind allerorts spürbar, so auch in der Bau- und Immobilienwirtschaft. Nachhaltiges Bauen wird vom Schlagwort zur gelebten Realität. Über diese Thematik diskutierten Karina Schunker, Geschäftsführerin von EHL Wohnen GmbH, Michael Klement, CEO der United Benefits Holding, und Peter Engert, Geschäftsführer der Österreichischen Gesellschaft für Nachhaltige Immobilienwirtschaft (ÖGNI). Sämtliche Neubauten müssen bereits strengeren regulatorischen Vorgaben entsprechen. Allerdings macht dieser Sektor nur ein Prozent des gesamten Bestands aus. „Sanierung, Verdichtung, Überbauung: Immer häufiger wird der Klimaschutz auch im Altbestand zum Thema“, erklärte aus berufenem Mund Peter Engert. Viele Schritte seien dafür notwendig. „Das ist teuer und nur schwer refinanzierbar. Die Industrie ist noch nicht so weit, um bestmögliche Lösungen anzubieten. Es bewegt sich aber viel, um mit der Sanierung eine Senkung des Energieverbrauchs zu erzielen.“

Obwohl im Neubaubereich Klimaschutzziele wesentlich einfacher zu erreichen sind, bilden laut Meinung der Diskutanten, gemeinnützige Wohnbauten eine Ausnahme, da sie immer noch an ihrem Investitionsvolumen gemessen werden. Als leistbare Miete wird lediglich die Kaltmiete bezeichnet. Dies bewirke, dass sich die Mieter in absehbarer Zeit die Wohnung aufgrund veralterter Heizsysteme nicht mehr leisten werden können. Engert: „Ich stecke lieber eine Million Euro mehr in den Bau, wenn sich damit in Zukunft zehn bis 20 Prozent der Betriebskosten einsparen lassen.“

Frage nach der Heizung

Laut EHL-Managerin Karina Schunker ist Nachhaltigkeit auch bei der Vermietung oder dem Verkauf von Neubauwohnungen gefragt. „Durch die diversen Krisen in den vergangenen Jahren sind die Interessenten regelrecht wachgerüttelt worden. Die Frage nach der Heizung wird als eine der ersten gestellt.“ Die Entwicklung der Kosten seien ein treibender Faktor im B2C-Bereich, da die Betriebskosten derzeit während des Jahres mehrmals erhöht werden. Solche Anpassungseffekte beschäftigen Wohnungssuchende sehr.

Für Investor Klement befindet sich Nachhaltigkeit im Maßnahmenkatalog seit zwei Jahren ganz oben. Für Projektentwickler sei die Lage allerdings problematisch .„Nachhaltigkeit kostet etwas“, berichtet Klement. „Für Investoren oder Wohnungskäufer rechnet sich die nachhaltige Bauweise in zehn oder 20 Jahren. Projektentwickler sind in einer schwierigeren Position: Sie stellen das Projekt fertig und müssen es sofort verkaufen. Es ist derzeit praktisch unmöglich zu denselben Kosten ein umweltverträglicheres Projekt zu errichten.“ Stellt sich die Frage, ab wann ein Gebäude grundsätzlich als nachhaltig gilt? Für Engert erfordert dies einerseits eine ökologische und andererseits eine soziale Betrachtungsweise. Entscheidend sei, wie sehr sich Menschen in einem Gebäude wohlfühlen. Engert: „Sind die Bewohner sehr zufrieden, dann kann das Haus im Idealfall mehrere Jahrhunderte stehen. Wenn nicht, dann kommt es bald zum Leerstand und das Haus wird in der Folge abgerissen, was sicher nicht nachhaltig ist.“ Betriebswirtschaftlich betrachtet sollte jede Immobilie einer Lebenszykluskosten-Analyse unterzogen werden. Bei jedem von ÖGNI ausgestellten Zertifikat werde hochgerechnet, wie sich die Bauweise auf die Betriebskosten auswirkt. Als Idealtypus bezeichnet Engert „ein hybrides Haus, das einen Betonkern hat und vor dem sich eine Fassade aus Holz oder Aluminium befindet, die leicht veränderbar ist“. So eine Kombination aus langlebigen und leicht veränderbaren Baustoffen sei nachhaltig.

Quartiere im Vormarsch

Soziale Nachhaltigkeit findet sich auch in Quartiersentwicklungen, die beispielsweise Grünzonen oder innovative Mobilitätskonzepte beinhalten, die flexibel mitwachsen. Laut Schunker wird in Quartieren bereits übergreifend gedacht und mitgewirkt, weil man damit bewusst ein positives Zeichen für die Bewohnerstruktur setzen möchte. Zum Beispiel werden Spielplätze und Gemeinschaftsräume deutlich größer angelegt, um Familien verstärkt anzusprechen. Auch United Benefits beschäftigte sich bereits mit einer sogenannten Grätzelentwicklung. Dabei war es egal, wem in einem aus mehreren Häusern bestehenden Quartier die einzelnen Häuser gehören. „Das Grätzel wird als eine Einheit betrachtet“, erklärt Klement die Vorgehensweise. „Zunächst überlegt man sich, welche Flächen das gesamte Quartier benötigt. Damit könnte nicht nur in der Energiethematik vieles zum Besseren geändert werden, sondern auch bei den Garagenstellplätzen, die wenig nachhaltig sind, weil viele nicht benötigt werden.“ Im Idealfall könnten auch bestehende Gebäude in Quartierslösungen mit einbezogen werden.

Veraltetes Gesetz

Oft ist die thermische Sanierung mit großen rechtlichen Problemen verbunden. Die Wurzel des Übels liege laut ÖGNI-Chef Engert in einem nicht mehr zeitgemäßen Mietrechtsgesetz, das in wesentlichen Zügen aus dem 19. Jahrhundert stamme. Gegen nachhaltige Investitionen spricht, dass der Vermieter im Richtwertbereich beispielsweise die thermische Sanierung bezahlen muss, den Vorteil aber lediglich der Mieter lukriert. Für Schunker wurden bereits vielversprechende Maßnahmen gesetzt, indem Mindestrücklagesätze definiert wurden. Schunker: „Es ist besser schrittweise vorzugehen und nicht mit einer Gesetzesänderung auf einmal den Stein ins Rollen zu bringen.“ Es sei wichtig, dass der Vermieter in erhaltungswürdigen historischen Gebäuden bei der thermischen Sanierung in Zukunft mehr Möglichkeiten bekäme. „Der Mieter ist in Österreich so stark geschützt wie kaum in einem anderen Land“, berichtet Schunker. „Hier braucht es maßgebliche Änderungen, damit nicht jedes Haus, das wirtschaftlich nicht mehr attraktiv ist, abgerissen und in der Folge neu gebaut wird.“ In Bestandswohnungen sind oft umfangreiche Maßnahmen notwendig, damit diese klimafit werden. Das kann nur in Kombination mit den Mietern erfolgen, die durch das MRG sehr gut geschützt sind.

Schunker: „Wie schafft man es, für diese Mieter ein Übergangsquartier zu finden, um dann Sanierungsmaßnahmen abwickeln zu können? Meistens ist es nicht möglich, diese Arbeiten nur Wohnung für Wohnung durchzuführen, sondern häufig muss ein gesamtheitliches neues Heizungssystem eingebaut oder die Fenster getauscht werden. Da gibt es rechtliche Barrieren, wo ein Mieter darauf beharren kann, dass er in der Wohnung bleibt und so die Sanierungen nicht durchgeführt werden können.“

Im gewerblichen Bereich funktionieren Green Leases sehr gut, die rechtliche Parameter einer nachhaltigen Bewirtschaftung und Nutzung definieren. Für Klement bedeutet dies: „Der Vermieter tätigt nachhaltige Investments, die verrechnet werden, der Mieter in seiner Nutzung aber profitiert. Es gibt also ein Zusammenspiel, das allen etwas bringt.“ Als problematisch wurde von den Diskutanten auch die Tatsache angeführt, dass jedes Bundesland seine eigene Bauordnung besitzt und dass es kein Ministerium gibt, das Grenzen definiert.

Gutachten gefragt

Wie kann ein potenzieller privater Wohnungskäufer feststellen, dass er sich für ein nachhaltig errichtetes Eigentum interessiert? Laut Engert würde sich ein Gutachten der ÖGNI positiv auf einen Verkaufsabschluss auswirken. Engert: „Im gewerblichen Bereich funktioniert dieses System bereits sehr gut, weil die Betriebe ein vorhandenes Gutachaten für ihren eigenen ESG-Bericht benötigen.“ Schunker meint, dass es sehr stark von der jeweiligen Zielgruppe abhänge. Im Gewerbebereich muss so ein Gutachten laut EU-Taxonomie vorhanden sein, wobei kleineren Betrieben noch eine Übergangszeit bis Anfang 2027 zugestanden wurde. „Beim Verkauf der letzten drei Immobilien war bei zwei die vorhandene ÖGNI-Zertifizierung das entscheidende Verkaufskriterium“, erzählt Klement. „Obwohl die Interessenten aus Deutschland sehr genau nachgefragt haben, hat das heimische Zertifikat standgehalten.“

Eine vorhandene Zertifizierung wirke sich auch positiv auf Bankkonditionen aus: So habe United Benefits aufgrund eines nachgelieferten Zertifikats einen Abschlag von etlichen Basispunkten bei den Kreditzinsen erhalten.

INFORMATION

Das Branchengespräch beruht auf einer Medienkooperation mit der „Presse“ und erscheint mit finanzieller Unterstützung von EHL Immobilien, United Benefits und ÖGNI.


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