Jewgenij Prigoschins Privatarmee eröffnet Dutzende Zentren zur Anwerbung neuer Kämpfer für die Ukraine. Ein Lokalaugenschein in Moskau.
Moskau. Ein Dutzend Treppenstufen führen hinab in den Boxklub Gruscha. Eine rotbraune Eisentür, ein heller Holzgang, zwei Wasserspender. Hinten in der Halle machen sich 15 Männer warm für ihr Boxtraining am frühen Morgen, ihre Schlapfen liegen vor den blauen Matten im Flur.
„Gruscha“, übersetzt Birne, ist ein Boxklub nicht weit vom Sitz der russischen Regierung – dem sogenannten Weißen Haus – entfernt. Ein Kloster ist um die Ecke, auf dem Spielplatz gegenüber hacken die Arbeiter die vereisten Schneeberge weg. Irgendjemand wirft seinen Müll vis-à-vis des Klubs in die Tonnen. Einer, der sich verspätet hat, huscht mit seiner Umhängetasche durch die Tür zur Umkleide. Bis zu neun Mal am Tag wird hier trainiert, die ersten beginnen um sieben Uhr morgens, nachmittags lernen Kinder ab sieben Jahren Thaiboxen und Kickboxen. Der Hinterhofklub ist so unscheinbar wie monströs.
Vor wenigen Tagen hat der Kreml-treue Unternehmer Jewgenij Prigoschin nach eigenen Angaben neue Rekrutierungszentren in 42 russischen Städten ins Leben gerufen. Seine Söldner gelten als die brutalsten Kämpfer in Putins „Spezialoperation“ in der Ukraine, als Schlächter, die ihr Boss als Freiwillige auch in Strafkolonien quer durchs Land angeworben hat. Dazu hat es Straferlass gegeben und eine Art Freifahrtschein Prigoschins, mit Gefangenen in der Ukraine alles tun zu dürfen.