Finanzmärkte

Bankenkrise, Inflation: Kein Ende der Turbulenzen in Sicht

Auch die Energiewende treibt die Inflation längerfristig an, meint Kapitalmarktstratege Carsten Roemheld.
Auch die Energiewende treibt die Inflation längerfristig an, meint Kapitalmarktstratege Carsten Roemheld.(c) Inés Bacher
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Die Schlagzeilen aus der Bankenbranche überschlagen sich, bei der Inflation gibt es kaum Entspannung. Kapitalmarktstratege Carsten Roemheld erwartet weitere Zinsanhebungen.

Wien. Wie rasch die Kehrtwende auf den Märkten erfolgen kann, wurde zuletzt deutlich: Die Schließung der Silicon Valley Bank in den USA erschütterte die Bankenlandschaft weltweit. Das hinterlässt auch Spuren beim Euribor. Dieser Zinssatz bestimmt, zu welchen Konditionen Banken in Europa bereit sind, einander kurzfristig Geld zu borgen. Wächst die Verunsicherung im Sektor, verlangen sie einen höheren Zinssatz. Allein jener für drei Monate schnellte auf beinahe drei Prozent und nähert sich zunehmend jener Marke, die kurz vor Ausbruch der Finanzkrise von 2008 erreicht wurde. Damals lag der Drei-Monats-Euribor bei rund 5,40 Prozent in der Spitze.

Doch auch die jüngsten Aussagen des US-Notenbankenchefs Jerome Powell vor dem Bankenausschuss des US-Senats überraschten Marktbeobachter. Powell meinte, er sei bereit, das Tempo bei den Zinsanhebungen wieder zu erhöhen, falls der wachsende Inflationsdruck dies erfordere. Im Februar sank die Inflation in den USA einmal mehr nur leicht, und zwar auf sechs Prozent im Jahresvergleich. Dies ist noch ein gutes Stück von der Zielmarke, die bei zwei Prozent liegt, entfernt.

Viele Treiber für die Inflation

Carsten Roemheld, Kapitalmarktstratege bei Fidelity International, beobachtet die Inflationsentwicklung genau. Mit der „Presse“ sprach er auf dem Wiener Fondskongress über die wesentlichsten Treiber: Die Arbeitslosenquote vor allem in den USA sei niedrig, sagt er, damit wachse der Lohndruck. Dazu kommen hohe Konsumausgaben, denn während der Lockdowns wurden Ersparnisse aufgebaut, auch Coronahilfen erhöhten die Liquidität. Zugleich tragen die Energiepreise zu einer höheren Teuerung bei, was wiederum Europa härter trifft.

Der Fidelity-Experte verweist zudem auf langfristige Inflationstreiber wie etwa die alternde Bevölkerung: Immer weniger Arbeitskräfte stehen zur Verfügung, womit der Lohndruck auch längerfristig steigen dürfte. Die Abschwächung der Globalisierung dürfte ebenso zu höheren Güterpreisen führen. „Und die Energiewende treibt die Inflation ebenfalls längerfristig an.“ Die Ära billiger fossiler Brennstoffe endet allmählich, während der Ausbau erneuerbarer Energien hohe Investitionen erfordert.

Roemheld spannt dabei auch den Bogen zu den Notenbanken: Er rechnet heuer mit weiteren Zinsanhebungen. In der Eurozone dürfte der Leitzins auf bis zu vier Prozent angehoben werden und „danach eine Zeit lang auf diesem Niveau verharren“, meint er. In den USA sei ein Leitsatz von rund 5,5 bis sechs Prozent in den kommenden Monaten denkbar, gegen Jahresende sei dann aber eine Senkung möglich, falls die gestiegenen Finanzierungskosten die Konjunktur deutlich belasten sollten.

Und wie könnten sich solche Entwicklungen auf die Märkte – und z. B. auch auf den Eurokurs – auswirken? Ab Mitte 2021 hatte die europäische Gemeinschaftswährung zum Dollar stark an Wert verloren, im Juni des Vorjahrs wurde sogar die Parität unterschritten. Der Grund dafür liegt in den vergangenen Zinsschritten. Sie erfolgten in den USA weitaus zügiger, weshalb Anleger mit einer Veranlagung in den USA eine höhere Verzinsung erzielten.

Euro könnte weiter steigen

Hier scheint sich das Blatt nun zu wenden, der Euro gewann zuletzt wieder an Wert. Roemheld glaubt, der Anstieg könnte in den kommenden zwölf Monaten andauern: Weil die Zinsen in den USA heuer womöglich wieder sinken könnten, in der Eurozone jedoch auf höherem Niveau verharren dürften, werde eine Veranlagung im Euroraum zunehmend lukrativer.

Ein schwächerer Dollar könnte auch die Rohstoffmärkte stützen. Commodities werden grundsätzlich in der US-Währung gehandelt und verbilligen sich mit einem günstigeren Dollar für internationale Anleger.

Überhaupt rät Roemheld zu einer Portfoliobeimischung von Rohstoffen und begründet das vor allem mit der Energiewende, für die jede Menge Industriemetalle wie Kupfer, Nickel und Silber gebraucht werden – für den Bau von Windrädern und Solarpaneelen genauso wie für die Elektromobilität. „Zugleich wurde in den vergangenen Jahren wenig in neue Förderprojekte investiert. Das fehlende Angebot könnte die Preise stützen.“ Außerdem bieten Investments in diese Anlageklasse aus seiner Sicht einen interessanten Inflationsschutz, da steigende Rohstoffpreise auch ein Grund für die Teuerung sind.

Dennoch müssen Anleger auch bei solchen Investments bedenken, dass – wie bei allen Geldanlagen – Verluste möglich sind.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.03.2023)

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