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Graz

Graz: "Es braucht Zeit, bis sich die DNA entwickelt"

Graz ist in Sachen Stadtteilentwicklung seit einigen Jahren sehr aktiv. Was sich in den Reininghausgründen derzeit tut – und welche kleineren Projekte in der Finalisierung stehen. Eines eint sie: die Bemühung um Nachhaltigkeit.

Das Stadtentwicklungsprojekt auf den ehemaligen Gründen der Reininghausbrauerei misst 100 Hektar und ist in 20 Quartiere aufgeteilt. Einer der Bauträger ist ÖWG Wohnbau, der drei der Quartiere entwickelt und rund 1000 Wohnungen realisieren wird. Das Quartier 6a Süd mit insgesamt 310 Wohnungen – sowohl Eigentum als auch Miete – ist im Fertigwerden, geplant von KFR-Architekten, deren Priorität „auf den Wohnungsausrichtungen und den Freiraumqualitäten liegt“.

„Hier werden sehr viele relevante Themen umgesetzt“, meint dazu Hans Schaffer, Geschäftsführer ÖWG. „Dazu gehört ein neues Mobilitätskonzept – so sollen 0,7Parkplätze pro Wohnung gebaut werden, gesetzt wird auf gute öffentliche Anbindung, Carsharing und Fahrradwege.“ Die Versorgung mit Niedertemperatur durch die Marienhütte, ein Stahlwerk, dessen Abwärme in den neuen Stadtteil eingespeist werden soll, begrünte Dächer, Fotovoltaik, zum Teil vertikale Begrünung und der große Park in der Mitte der Siedlung sollen das Projekt zukunftsfit machen. „Wir überlegen auch die Grauwassernutzung, das heißt, Abwasser etwa von der Dusche, 25 bis 27 Grad heiß, soll nicht im Kanal versickern, sondern mittels eines Wärmetauschers für das Heizen verwendet werden.“ Schaffer räumt allerdings ein, dass die Infrastruktur für die derzeit 2500 Bewohner noch zu wünschen übrig lässt. „Ein Stadtteil dieser Größe braucht Zeit, bis er seine eigene DNA entwickelt.“

 

Mittendrin . . .

Kleiner dimensioniert ist etwa die Rankencity, kürzlich vom Eigentümer in City Rivers umgetauft, entwickelt von UBM Development und NHD Immobilien: zwei Wohnblöcke, die einander gegenüberstehen, der eine mit 70 Wohnungen, der andere mit 131, jeweils 34 bis 95 Quadratmeter groß. Verbunden durch 3000Quadratmeter Grünfläche mit Hügeln und Bäumen, darunter eine Tiefgarage mit 127 Stellplätzen. „Balkon, Loggia oder Vorgarten sind immer dabei, die Dächer sind begrünt, und es gibt eine Dachterrasse für die allgemeine Nutzung“, berichtet Stefan Kratzer, Leiter der Projektentwicklung Steiermark der UBM. „In rund 15 Minuten ist man zu Fuß in der Innenstadt, an öffentliche Verkehrsmittel ist man auch angebunden“, so Kratzer weiter. Ende März ist das Projekt abgeschlossen und wird an die neuen Eigentümer übergeben.

 

. . . und am Stadtrand

Unter dem Plabutsch, dem Grazer Hausberg, in Gösting angesiedelt ist ein Projekt von Silver Living: Das Grazl. „Urbanes Wohnen ist nach wie vor im Trend, man möchte sowohl die Annehmlichkeiten einer städtischen Infrastruktur haben als auch mit wenigen Schritten im Grünen sein“, erklärt Thomas Morgl, Geschäftsführer von Silver Living, das sich in erster Linie auf Generationenwohnen spezialisiert hat – so auch bei diesem Projekt. „Zurzeit steht auf dem Areal ein Bestandsgebäude mit Büro- und Gewerbeflächen, das wir umfassend sanieren und aufstocken werden.“

Entstehen sollen drei miteinander verbundene Gebäudeteile mit bis zu vier Obergeschoßen mit 160Wohnungen von 36 bis 90 Quadratmetern. Dazu kommen Grünflächen mit rund 3000, Gewerbeflächen von 2800Quadratmetern mit Einkaufsmöglichkeiten, eine Tiefgarage mit 120 Stellplätzen sowie 300 Fahrradabstellmöglichkeiten. „Und dadurch, dass wir den Altbestand integrieren, bekommen wir Förderungen, die letztlich den Bewohnern zugutekommen, da sie dann preiswert wohnen können.“ Altersmäßig bunt gemischt soll es werden, barrierefrei und mit Möglichkeiten für betreutes Wohnen. Infrastruktur und Verkehrsanbindung sind noch nicht ideal. „Aber Gösting soll in den nächsten Jahren zu einem Nahverkehrsknoten werden. Bis zur Fertigstellung 2025 sollen Infrastruktur wie Mobilität verbessert werden“, meint Morgl.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.03.2023)

Der Technologie- und Gewerbepark „Panattoni Park Graz Süd“ soll in Hasendorf/Wagna auf einem 100.000 m2 großen Grundstück entstehen.
Gewerbeflächen

Graz: Weiter Aufwind für Logistik-Immos

Der Logistik-Hotspot ist bei Developern nach wie vor gefragt. Erstmals wird nun ein Projekt spekulativ errichtet – und unterstreicht somit die Bedeutung des Marktes.

Der Motor am Logistikstandort Graz/Umgebung brummt. „Die Nachfrage nach modernen Immobilien ist absolut gegeben“, sagt Michael Schlager von Schlager Immobilien. Das Angebot hinkt hinterher, was sich aber bald ändern sollte: So steht etwa ein Technologie- und Gewerbepark mit 70.000 m2 in Leibnitz kurz vor Baubeginn, zwei weitere, allerdings noch nicht baugenehmigte Projekte sind in der Pipeline. Dazu kommen einige kleinteilige Projekte mit rund 3000 m2 Hallenfläche. „Angesichts der Tatsache, dass es keine genauen Marktzahlen gibt, kann man die Leerstandsquote nicht exakt definieren. Aber gefühlt geht sie gegen null“, weiß Franz Kastner, Logistikexperte bei CBRE, der den aktuellen Bestand an modernen Logistikflächen im Großraum Graz mit knapp unter 1.000.000 m2 beziffert.

Spekulative Projekte

Im VGP Park Premstätten wird darüber hinaus das Verteilzentrum des Onlineriesen Amazon errichtet. „Hier, in Kalsdorf, Lebring und Leibnitz, gibt es noch Widmungen für Logistik, während andere Gemeinden das Thema rigoros behandeln“, sagt Schlager. „Insgesamt kommen in den nächsten Jahren mehr als 200.000 m2 moderne Logistikflächen auf den Markt.“ Kastner weist in diesem Zusammenhang auf eine Besonderheit des Leibnitzer Projekts hin, das vom US-Developer Panattoni realisiert wird. „Es handelt sich dabei um das erste Projekt, das auf dem Grazer Markt spekulativ errichtet wird. Ein deutliches Bekenntnis zum Standort“, sagt Kastner, der davon ausgeht, dass es noch während der Bauzeit zur Vollvermietung kommt.

Denn die Nachfrage nach modernen Logistikflächen werde in den nächsten Jahren hoch bleiben. Ein Teil davon sei auch auf Transfers aus Immobilien zurückzuführen, die nicht mehr den Anforderungen der Nutzer sowie der Nachhaltigkeit entsprechen, so Kastner. Denn Letztere gewinnt sowohl bei Mietern als auch Entwicklern immer mehr an Bedeutung, was nicht zuletzt auf die EU-Taxonomie zurückgeführt werden kann. Es sei auch nicht davon auszugehen, dass die Spitzenmiete, die derzeit bei 6,50 Euro/m2 netto liegt, sinken werde.

Der Markt für Logistikimmobilien ist aber nicht der einzige mit einem spekulativen Projekt. „Auch auf dem Büromarkt zeichnet sich dieser Trend ab“, sagt Schlager, der sowohl Nachfrage als auch Angebot an modernen Büroflächen als „gut“ bezeichnet. Leerstände gibt es in diesem Segment, in dem die Quadratmetermiete bei 13,50 Euro netto beginnt, kaum: So steht beispielsweise der Smart Tower, der über eine Gesamtnutzfläche von rund 6500 m2 verfügt, kurz vor der Vollvermietung. „Der Bauteil Sieben im Technopark Raaba war bereits vor Baubeginn zu 50 Prozent verwertet, auch ein Büroprojekt am Flughafen vor Fertigstellung vermietet“, erzählt Schlager.

Wie moderne Logistikimmobilien punkten derartige Büroprojekte besonders mit Energieeffizienz – aber nicht nur das. „Kunden schätzen, dass sie in diesen moderne Flächenkonzepte umsetzen können.“ Ein weiterer Trend: „Die Mieter binden sich wieder länger, zehn Jahre sind keine Seltenheit“, sagt Schlager. Deutlich weniger Optimismus ist im Bestand zu spüren. Schlager: „Gebrauchte Büros mit hohen Betriebskosten, die nicht der modernen Arbeitswelt entsprechen, brechen weg.“

Schwere Zeiten für den Handel

Ähnlich ist die Entwicklung bei Geschäftslokalen. „In B-Lagen wird es dramatisch“, sagt Alois Marchel von Remax Commercial Graz. Hier seien Geschäfte nur schwer zu vermieten, und wenn doch, sei das Mietverhältnis meist kurz. Etwas besser sieht es in den A-Lagen der Innenstadt aus, wobei auch diese immer enger gefasst werde. Mehr Leerstände erwartet er im Übrigen auch in den Einkaufszentren, wobei diese nach wie vor mit dem Einkaufserlebnis punkten könnten. „Aber es ist unbestritten, dass der Handel unter Druck ist“, meint Marchel. Das Problem im Handel seien zum einen die hohe Marktsättigung, der Trend zum E-Commerce und ein Verdrängungswettbewerb der Standorte, sagt Schlager. Zum anderen könnten Unternehmen Preistreiber wie hohe Energie- und Personalkosten nicht auf Kunden überwälzen. „Die Folge ist ein Handelssterben“, sagt Schlager.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.03.2023)


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