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Deutscher Bundestag beschließt umstrittene Wahlrechtsreform

APA/AFP/ODD ANDERSEN
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Der Bundestag soll auf 630 Abgeordnete schrumpfen. Die oppositionelle Union und Linke protestieren. Es soll eine Fünf-Prozent-Klausel geben.

Der deutsche Bundestag hat eine Wahlrechtsreform beschlossen, die das Parlament verkleinern und dauerhaft auf 630 Abgeordnete begrenzen soll. Der Entwurf der Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP erreichte am Freitag in Berlin die erforderliche einfache Mehrheit. Die Union und die Linkspartei sehen sich durch die Reform benachteiligt und haben jeweils eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht angekündigt.

Mit 400 Stimmen wurde die umstrittene Reform der Ampel-Koalition für das Wahlrecht angenommen. 261 Abgeordnete stimmten dagegen, 23 enthielten sich. Mit der Reform soll der mittlerweile auf 736 Abgeordnete angewachsene Bundestag ab der nächsten Wahl dauerhaft auf 630 Mandate verkleinert werden.

Nachdem die oppositionelle Union (CDU/CSU) den ersten Vorschlag von SPD, Grünen und FDP abgelehnt hatte, warteten die Ampel-Fraktionen mit der neuen Variante auf, die vor allem bei der CSU für noch mehr Zorn sorgt. Erreicht werden soll die Verkleinerung des Parlaments, indem auf Überhang- und Ausgleichsmandate ganz verzichtet wird. Diese sorgten bisher für eine Aufblähung des Bundestages, der bis dato keine fixe Zahl von Sitzen hatte.

Kein Einzug in Bundestag trotz Sieg in Wahlkreis

Überhangmandate entstehen, wenn eine Partei über Direktmandate mehr Sitze im Bundestag erringt als ihr nach dem Zweitstimmenergebnis (Ergebnis der Parteiliste) zustünden. Sie darf diese Sitze behalten. Die anderen Parteien erhalten dafür Ausgleichsmandate. Nach den neuen Regeln kann es künftig vorkommen, dass ein Bewerber seinen Wahlkreis zwar direkt gewinnt, aber trotzdem nicht in den Bundestag einzieht. Dies erzürnt vor allem die CSU, die ausschließlich in Bayern als politische Partei antritt und im Bundestag mit der CDU in einer Fraktion sitzt.

Zudem soll laut dem Ampel-Entwurf eine strikte Fünf-Prozent-Klausel gelten. Die sogenannte Grundmandatsklausel entfällt. Sie sorgte bisher dafür, dass Parteien auch dann in der Stärke ihres Zweitstimmenergebnisses in den Bundestag einzogen, wenn sie unter fünf Prozent lagen, aber mindestens drei Direktmandate gewannen. Davon profitierte bei der Wahl 2021 die Linkspartei, aber auch die CSU.

Politiker der Opposition warfen den Ampel-Fraktionen in der abschließenden Debatte zur geplanten Verkleinerung des Bundestages am Freitag vor, sie hätten sich ein Wahlrecht zum eigenen Machterhalt maßgeschneidert. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte, der Plan ziele darauf ab, die Linke aus dem Parlament zu drängen und "das Existenzrecht der CSU" infrage zu stellen. "Sie machen hier eine Reform für sich selbst", um den "Machtanspruch der Ampel" zu zementieren, warf er der SPD vor. Der parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion, Jan Korte, warf der Ampel "Arroganz" vor. Während seiner Rede applaudierten mehrere Abgeordnete der Union.

SPD, Grüne und FDP argumentieren, dass die Verkleinerung alle Parteien gleichermaßen treffe. Die Reform sei damit fair und verfassungsgemäß. Abstimmungen darüber in den Fraktionen fielen bei Grünen und FDP einstimmig und bei der SPD mit sehr großer Zustimmung aus.

(APA/dpa)

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