Niederösterreich

Mikl-Leitner über Schwarz-Blau: "Es ist keine Liebesbeziehung"

Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) und FPÖ-Landesparteichef Udo Landbauer
Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) und FPÖ-Landesparteichef Udo Landbauer APA/HELMUT FOHRINGER
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ÖVP und FPÖ haben sich auf ein gemeinsames Regieren in Niederösterreich geeinigt - inklusive eines Fonds für „Corona-Wiedergutmachungen“. Zur Landeshauptfrau wählen werden die Freiheitlichen Mikl-Leitner trotzdem nicht.

Niederösterreichs Landeshauptfrau und ÖVP-Chefin Johanna Mikl-Leitner und FPÖ-Landesparteiobmann Udo Landbauer haben sich auf eine Regierungszusammenarbeit geeinigt - und ernteten dafür zwar die Einstimmigkeit in ihren jeweiligen Parteigremien, jedoch auch massive Kritik. Auch wurde und wird vielfach daran erinnert, wie verbal untergriffig die beiden einander vor nicht allzu langer Zeit begegnet sind. Dessen ungeachtet wollen es die 59-Jährige und der 36-Jährige aber auf ein Miteinander in der Landesregierung ankommen lassen. Wie es aussehen soll, gaben sie in einer gemeinsamen Pressekonferenz im Landhaus in St. Pölten bekannt.

„Dass wir heute gemeinsam vor Ihnen stehen, wird viele überraschen und manche irritieren“, begann Mikl-Leiter. Es sei aber das Ergebnis „der niederösterreichischen Landtagswahl, der Wählerinnen und Wähler“. Es sei überdies das Ergebnis „der Blockade einer Fraktion“, verwies sie auf die SPÖ, ohne diese namentlich zu nennen, „und das Ergebnis unseres harten Ringes um einen gemeinsamen Weg für Niederösterreich und unsere Landsleute“.

Von Anfang an geplant? „Der ist nicht bei Trost“ 

Bevor sie auf die Details der Zusammenarbeit eingehen wollte, bekundete Mikl-Leitner etwas „richtig stellen“ zu wollen: „Jeder, der von Niederösterreich nur einen Funken Ahnung hat“, wisse, dass das Verhältnis von Udo Landbauer und ihr nicht das einfachste sei, betonte Mikl-Leitner. Wer hingegen glaube, dass diese Koalition von Anfang an geplant gewesen sei, „ist nicht ganz bei Trost“.

Dass die ÖVP zunächst mit der drittplatzierten SPÖ verhandelt hätten, würde schon Bände sprechen: „Ich kann es nicht anders sagen, dieser Prozess, diese Verhandlungszeit, wurde von der SPÖ Niederösterreich als öffentliche Zirkusshow genutzt - für diese Herren war das nur ein Spiel.“ Die SPÖ habe ein „Paket der Maßlosigkeit“ gefordert. „Das ist der Grund, warum wir hier heute stehen“, so Mikl-Leitner.

Man habe sich daher mit den Freiheitlichen an einen Tisch gesetzt und über die Gräben gesprochen, „die sich aufgetan haben“. Am Anfang sei es nur ein Kopfschütteln über die Meinung des anderen gewesen, danach habe man gestritten. Am Ende sei es aber gelungen, aufeinander zuzugehen und im Interesse des Landes einen Pakt auszuarbeiten: „Heute können wir Ihnen eine Brücke präsentieren“, meinte Mikl-Leitner, aber: „Es ist keine Liebesbeziehung.“ 

Sodann kam die Landeshauptfrau auf die Inhalte der schwarz-blauen Zusammenarbeit zu sprechen: 47 Millionen Euro sollen für Pflegeschecks über je 1000 Euro zur Verfügung gestellt werden, daneben soll es einen neuen Heizkostenzuschuss geben. Niederösterreich sei „das Land der Fleißigen“ und „der Eigentümer“. Damit das auch weiterhin so bleibe und sich insbesondere „die Jungen“ den Traum vom Eigenheim verwirklichen können, werde es „keine neuen Abgaben auf Eigentum geben“. Ein weiterer Punkt: Man wolle die Verkehrssysteme „nicht gegeneinander ausspielen“, sondern Mobilität in den Vordergrund stellen - S1, S8 und B34, allesamt Projekte, die beschlossen seien, aber auf Umsetzung warteten, müssten nun angegangen werden, betonte Mikl-Leitner. Da wolle man auch den Bund in die Pflicht nehmen. Und: „Mit uns wird es sicherlich keine flächendeckende LKW-Maut geben.“ 

„Touristische Schätze“ müssten „wachgeküsst“ werden, verwies Mikl-Leitner auf den Semmering. Man wolle aus „unseren Ausflugsgästen Urlaubsgäste machen, damit sie länger bleiben“. Das bringe Wertschöpfung.

Landbauer: „Ja, es gibt vieles, das uns trennt“

„Ja, ich bin bereit, Verantwortung zu übernehmen“, ergänzte sodann Landbauer. Man habe der ÖVP und der SPÖ beim Scheitern der Verhandlungen zugesehen und sich die Frage gestellt, wie man damit umgehen wolle. Ob man das Land im Chaos versinken sehen oder anpacken wolle. Man habe sich für letzteres entscheiden - leicht sei dieser Entschluss aber nicht gewesen, räumte er ein. Vielmehr sei es „ein Kampf für die Bevölkerung“ gewesen. „Denn die Bevölkerung steht über persönlichen Befindlichkeiten“, so Landbauer.

„Ja, es gibt vieles, das uns trennt“, meinte er, aber: „Wir Freiheitlichen hätten den leichten Weg gehen können“, verwies er auf die Landesverfassung und das darin geregelte Proporzsystem. „Wir stehen aber nicht für den einfachen Weg“, im Sinne, einfach Posten anzunehmen. „Ich will den anständigen, den fleißigen Weg.“ „Es soll sich die Politik zum Teufel scheren, die - um welcher Prinzipien auch immer - den Menschen das Leben nicht leichter zu machen sucht“, zitierte der FPÖ-Chef sodann Willy Brandt, auch wenn dieser „sicher kein freiheitlicher Politiker gewesen“ sei. Er habe im Kern recht gehabt: „Es gibt Momente, da springt man über seinen Schatten und korrigiert etwaige Fehler, die gemacht wurden“, um einen Stillstand im Land zu verhindern.

30 Millionen Euro zur „Corona-Wiedergutmachung“

Landbauer sprach insbesondere die Coronamaßnahmen an - schon in den vergangenen Tagen hatte er hier eine „Wiedergutmachung“ gefordert - die ÖVP müsse „vom Corona-Saulus zum Corona-Paulus werden“, hatte er gesagt. Und sich nun durchgesetzt: Ein Fonds in der Höhe von 30 Millionen Euro solle eingerichtet werden, um eine „umfassende Rückzahlung von Coronastrafen“ zu ermöglichen. Weiters habe die FPÖ ein Bekenntnis zum Verbrennungsmotor und zum Individualverkehr sichergestellt, so Landbauer. Und er kündigte ein Vorgehen gegen „Klimakleber“ an.

Zuletzt kam Landbauer auf Personelles zu sprechen, die Freiheitlichen haben fortan drei Regierungsmitglieder. Der zuletzt vielfach für Kritik verantwortliche Asyllandesrat Gottfried Waldhäusl, wird nicht mehr in der Regierung vertreten sein, sondern Zweiter Landtagspräsident werden. Die Kremser Stadträtin Susanne Rosenkranz wird hingegen neue Landesrätin und die Agenden für Arbeit übernehmen. Christoph Luisser wird Landesrat für die Bereiche Sicherheit und Asyl, Reinhard Teufel neuer Klubobmann.

Danach gefragt, ob Landbauer nun Landeshauptfrau-Stellvertreter werden solle, meinte Mikl-Leitner, dass man das „ermöglichen werde“, da dies sein demokratiepolitisches Recht sei. Landbauer wiederum meinte, dass die Freiheitlichen - wie vor der Wahl angekündigt - nicht für Mikl-Leitner als Landeshauptfrau votieren würden, sondern eine ungültige Wahl abgeben werden. Denn, so seine Argumentation: „Der Großteil der Wähler wollte genau das, was wir jetzt tun.“ 

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