Junge Forschung

Wasserstoff daheim produzieren

Nachhaltige Batterien sind für Christina Toigo das Um und Auf für eine umweltfreundliche Energiezukunft.
Nachhaltige Batterien sind für Christina Toigo das Um und Auf für eine umweltfreundliche Energiezukunft.Hermann Wakolbinger
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An der FH Oberösterreich treibt die Chemikerin Christina Toigo die Entwicklung der Wasserstofftechnologie sowie ökologisch sinnvoller Speichersysteme voran.

Wie die Energiewende zu schaffen ist? „Ein Schlüssel sind Energiespeichersysteme mit möglichst wenig kritischen Rohstoffen“, ist Christina Toigo überzeugt. Die Polymer-Chemikerin forscht seit Kurzem als Professorin auf dem Campus Wels der Fachhochschule (FH) Oberösterreich und will mit ihrer Arbeit nachhaltige Technologien forcieren. Großes Potenzial sieht die 36-Jährige vor allem im Wasserstoff. Die einfache Gewinnung aus Wasser mittels Elektrolyse mache ihn zum idealen grünen Energieträger – vorausgesetzt, der dafür notwendige Strom stammt aus erneuerbaren Quellen.

„Derzeit läuft ein Projekt, bei dem es darum geht, Überschuss-Strom aus hauseigenen Fotovoltaikanlagen zur Aufspaltung von Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff zu nutzen“, gibt die Wissenschaftlerin Einblicke in ihre Arbeit mit den Studierenden. In Simulationen will man herausfinden, ob sich die Rentabilität solcher Systeme durch Erhöhen des Wirkungsgrads, Verringerung von Umwandlungsverlusten und weitere Faktoren verbessern lässt. Hausbesitzerinnen und -besitzer könnten den selbst produzierten Wasserstoff in Druckgasflaschen speichern, bei Bedarf „rückverstromen“ und beispielsweise für den Betrieb von Wärmepumpen verwenden.

Im Zug zu neuen Ideen inspiriert

„Dies würde dazu beitragen, Heizung und Kühlung von Gebäuden unabhängiger von fossilen Energieträgern zu machen“, erläutert Toigo. Die Fotovoltaikanlagen müssten freilich darauf ausgelegt sein. „In der Praxis ist es derzeit ja so, dass die meisten Anlagen in der Größenordnung für Ein- und Mehrfamilienhäuser bedarfsdeckend dimensioniert werden und somit kaum Überschuss produzieren.“ Viele Ideen zur Forschungsarbeit entstehen im Zug, wenn Toigo zur Arbeit nach Wels pendelt. Zuhause ist sie mit Ehemann und zwei Kindern in Ruhstorf, einem 7000-Einwohner-Markt in Bayern. Der beschauliche Ort wurde vor rund zehn Jahren von der Hochschule Landshut als Standort eines Technologiezentrums auserkoren – für Toigo gerade zur rechten Zeit, als sie neben dem Studium an der Uni Linz einen Job suchte. Dort war sie in der Batterieforschung tätig und fand schließlich im Vorjahr nach zwei weiteren Beschäftigungen in dem Bereich an der FH Oberösterreich eine Möglichkeit, „das erworbene Wissen nicht verpuffen zu lassen“.

Eine knappe Stunde dauert die Zugfahrt nach Wels, die die Wander-, Natur- und Tierfreundin auch zur Vorbereitung von Fachvorträgen und Präsentationen nutzt – unter anderem zu Themen wie Materialforschung. „Bei Batterien und Brennstoffzellen müssen wir die Verwendung seltener Rohstoffe reduzieren“, fordert Toigo. Natrium-Ionen-Batterien etwa seien eine intelligente Alternative zu Lithium-Ionen-Akkus. „Natrium lässt sich aus Meerwasser extrahieren und fällt darüber hinaus in einigen Industriebereichen als Abfallprodukt an.“ Auch Systeme auf Basis von Zink oder Aluminium seien denkbar, die Forschung stecke jedoch noch in den Kinderschuhen. Es gebe Versuche, Bestandteile aus rohölbasierten Kunststoffen durch biobasierte zu ersetzen. So ließen sich aus Algen gewonnene Biopolymere oder Chitin, wie es in Schalen von Krustentieren vorkommt, für Batterieanwendungen nutzen.

Brennstoffzellen müssten auch nicht zwingend teure Metalle wie Platin oder Palladium als Katalysatoren verwenden. „Eine der Fragen ist, für welche Anwendungen beispielsweise Eisen ohne Effizienzeinbußen einsetzbar ist. Ob es gelingt, das Rosten zu verzögern und damit die Haltbarkeit und die Leistungsfähigkeit zu erhöhen.“ Kritische Rohstoffe finden sich zudem in Dichtungsmaterialien.

Es gehe letztlich auch darum, Materialien zu verwenden, die in Europa gut verfügbar sind, um sich auf dem Weltmarkt positionieren zu können. Toigo: „Auch in Oberösterreich gibt es, vor allem in der Wasserstoff-Forschung, ein hohes Ausmaß an wissenschaftlichem sowie praktischem Know-how.“ Hier gelte es, die vorhandene Expertise zu bündeln. An ihrer FH finde sie, so die Forscherin, gute Rahmenbedingungen, um ihre Visionen umzusetzen.

ZUR PERSON

Christina Toigo (36) ist Professorin am Studiengang Elektrotechnik der Fachhochschule Oberösterreich in Wels. Sie unterrichtet auch Studierende der Fachrichtungen Angewandte Energietechnik und Sustainable Energy Systems. Die gebürtige Bayerin forscht an nachhaltigen Energiespeichersystemen und berät nebenbei Unternehmen in Energiefragen.

Alle Beiträge unter: www.diepresse.com/jungeforschung

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.03.2023)

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