Mein Freitag

Auch das stille Wasser kann ganz schön laut sein

APA
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Es ist eine bittersüße Erkenntnis, dass man nur so und so viel tun kann, um beim Aufwachsen zu helfen.

Dafür, dass es so kalt ist, ist es ganz schön warm. Zumindest in der Sonne. Oder in der Wohnung vor dem Fenster auf der Sonnenseite. Man darf der Wärme aber noch nicht trauen. Der Wind ist immer noch so wie damals, als es „zum Auslüften“ hinaus ging und die Kälte durch einen fuhr und die Ohren später noch weh taten. Weil Haube –sicher nicht im März.

Die Sonne ist noch recht fahl, aber wie jeden Frühling sammeln sich die Menschen an den guten Stellen, etwa an der Wand der Hofburg auf dem Heldenplatz, da schützt die Mauer im Rücken und es ist Platz für alle. Nicht wie auf der Parkbank, wo man den Abstand wahrt und hofft, dass es die anderen auch so halten.

Die Kamelie, die den Winter eher aus Versehen draußen verbracht hat, trägt so viele Blüten, als hätte es ihr gut getan. Vielleicht ist es auch die überschäumende Freude, die Vernachlässigung überstanden zu haben. Andere werden ihr nacheifern und wieder erfrieren. Meistens sind es die Marillen. Es ist eine bittersüße Erkenntnis, dass man nur so und so viel tun kann, um beim Aufwachsen zu helfen. Der Rest ist Umgebung und Glück. Nicht nur bei Pflanzen.

Die Hoffnung im Frühling ist eine, die auch mit Enttäuschung rechnet. Das macht sie so besonders. Deswegen ist neben der Sonnenbrille auch immer ein Extra-Pulli in der Tasche. Und der Schlüsselbund – danke, liebes Fundamt Wien, das ich immer wieder gerne besuche. Kerkermeister, heißt es, wenn meine Schlüsseln klimpern, aber verlieren geht trotzdem ganz lautlos.

Apropos: Ich habe unlängst ein Interview in einem voll besetzten Wirtshaus gemacht (aus vielen Gründen eine falsche Entscheidung) und beim späteren Abhören der Aufnahme seltsame Dinge festgestellt. Zu den lautesten Geräusche zählte das Einschenken von Wasser. Das Gemurmel und Geklirre und Sesselgerücke verschwand völlig hinter diesem ohrenbetäubenden Wasserfall. Die Dinge sind manchmal wirklich anders, als sie scheinen.

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