Die Welt bis gestern

Die Kammerfrau, die Ungarns Krone stahl

Mit der gestohlenen Krone an der Donau: So stellte sich ein ungarischer Zeichner des 19. Jahrhunderts das Geschehen vor, mit Helene Kottannerin im Mittelpunkt.
Mit der gestohlenen Krone an der Donau: So stellte sich ein ungarischer Zeichner des 19. Jahrhunderts das Geschehen vor, mit Helene Kottannerin im Mittelpunkt.Abbildung gemeinfrei
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Chronik. Helene Kottannerin, im 15.Jahrhundert Kammerfrau der ungarischen Königin Elisabeth, hatte zum Glück einen Drang zum Schreiben. Sie hinterließ uns einen Bericht, wie sie für ihre Herrin die Krone des Reiches stahl. Sensationell.

Die Ereignisse, die hier geschildert werden, sind in jeder Hinsicht exzeptionell. Es geht um eine hochschwangere Königin, die durch den frühen Tod ihres Mannes in einem Thronstreit bestehen muss. Sie lässt daher die mit dem Amt verbundene Insignie der Macht, die Krone, heimlich entwenden, um in dieser prekären Situation ein Faustpfand in der Hand zu haben, das sie vor einem Umsturz und der totalen Entmachtung retten soll. Ausgeführt wird der Coup durch ihre unerschrockene Kammerfrau in einer Nacht-und-Nebel-Aktion. Doch nicht genug damit: Noch dazu hat diese Hofdame einen für eine Frau ihrer Zeit außergewöhnlichen Hang, sich als Chronikschreiberin zu profilieren und alles, was sie erlebt, schriftlich in einem Tagebuch festzuhalten. Wir sind Anfang des 15.Jahrhunderts, und ihr Bericht gilt unter Historikern als eine Sensation: Es ist die erste deutschsprachige chronikalische Aufzeichnung einer Frau aus einer Zeit, in der die Schriftkultur außerhalb von Klöstern ausschließlich Männern vorbehalten war.

So wurde Helene Kottannerin, so nennt sie sich in ihren Aufzeichnungen sehr oft, die berühmteste Kammerfrau des Mittelalters. Sie wurde um 1400 im heutigen Sopron (deutsch: Ödenburg) geboren, heiratete zwei Mal, zuletzt den Wiener Bürger Johann Kottanner, hatte Kinder und landete 1436 als Babysitterin am Hof des Habsburger Herzogs Albrecht V. von Österreich (er war auch deutsch-römischer König und hieß als solcher Albrecht II.). Der Habsburger hatte eine gewinnbringende Ehe geschlossen: mit Elisabeth, der Erbtochter von Kaiser Sigismund, der ein halbes Jahrhundert König von Ungarn war. So wurde Albrecht 1438 auch König von Ungarn und Böhmen und war damit Träger der legendären, traditionsreichen Stephanskrone. Freilich noch ohne männlichen Nachkommen, er hatte zwei Töchter.

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