Unterwegs

Öko-Umerziehung

Ich will beim Reisen nicht umerzogen werden – besonders nicht durch Pseudo-Öko-Aufrufe.

Zu Beginn dieses Jahres war ich, berufsbedingt, in Schweden. Mit einer Gruppe von Brüssel-Korrespondenten aus aller Herren und Damen Länder war ich in zwei Hotels in Stockholm und Kiruna untergebracht. Beide Herbergen gehörten zum gehobenen internationalen Standard, alles war nigelnagelneu, aber eines fiel mir unangenehm auf: Auf Schritt und Tritt wurde man als Gast mehr oder weniger (meistens mehr) penetrant zu umweltschonendem Verhalten aufgefordert. Verstehen Sie mich nicht falsch: Die Ökologie ist mir seit frühen Kindheitstagen ein großes Anliegen, ich versuche, im Rahmen des mir Möglichen so ressourcenschonend und klimafreundlich wie möglich zu handeln. Aber wenn mir von einer globalisierten Hotelkette der Verzicht auf frische Handtücher leicht passiv-aggressiv als Beitrag zur Errettung des Erdballs vor der Überhitzung verkauft wird, fühle ich mich nicht ernst genommen. Natürlich verzichte ich seit jeher darauf, bei kurzen Aufenthalten täglich ein neues Handtuch zu verlangen, solang das alte halbwegs sauber ist. Wozu auch? Aber wenn ich im Halbdunkel eines Hotelzimmers nach meinen Siebensachen suchen muss, weil das Management der Meinung ist, dass eine Sparlampe reicht (so geschehen vor einem Jahrzehnt schon in Kopenhagen), und das mit dem Klimaschutz begründet, steigt in mir der Argwohn auf: Meinen die das ernst, oder wollen die nur Betriebskosten sparen und mir das als Ökogeste verkaufen?

Ich möchte auf Reisen nicht umerzogen werden – vor allem nicht, wenn die angebliche grüne „Corporate Social Responsibility“ allzu sehr nach billiger PR riecht.

Mail: oliver.grimm@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.03.2023)

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