Landestheater

In Salzburg kann man Nestroy spielen

(c) Anna-Maria Löffelberger
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Bernd Liepold-Mosser inszeniert den „Talisman“ mit nur wenigen Textadaptionen, die aber dann gelungen sind. Die Kostüme sind herrlich bunt, das Ensemble ist solide.

Ein Mann, der sich mittels dreier Perücken drei Identitäten aneignet, um seine eigene, von der Mehrheitsgesellschaft verfemte rothaarige Identität zu verleugnen: eigentlich ein Wunder, dass Nestroys „Talisman“ noch nicht als Exerzierfeld für die Theorie der kulturellen Aneignung entdeckt worden ist. Es würde sich dafür eignen, so wie es sich für eine elegante Verspottung zeitgeistiger Theatertrends eignet. Eine solche hat Bernd Liepold-Mosser in seiner Bearbeitung dem Titus Feuerfuchs in den Mund gelegt - und enthüllt, dass das, was 1840 „Lebensbild“ und „Haus- und Wirtschaftspoesie“ hieß, heute „dokumentarisches Theater“ und „Postdramatik“ heißt. Und Titus‘ Bemerkung „Der Zorn überweibt sie“ korrigiert er auf „Der Zorn überfraut sie“ und lässt die Frau von Cypressenburg genervt reagieren: „Und jetzt gendert er auch noch.“

Sonst vertraut Liepold-Mosser im Salzburger Landestheater im Großen und Ganzen auf Nestroys geniales Sprachspiel, und das ist gut so. Viel besser jedenfalls als sein Versuch unlängst im Wiener TAG, Nestroys „Höllenangst“ auf eine Persiflage der digitalen Welt umzudichten, inklusive neuen Kärntner Liedern anstelle der Nestroyschen Couplets. Diese hat er freilich auch für seinen Salzburger „Talisman“ ersetzt, und zwar durch mehr oder weniger gelungene Pop-Adaptionen. Man muss Zeilen wie „The wall of Vorurteil crashes down in my brain“ ja nicht auf die Goldschale legen. Besser als plumpes Extemporieren im Couplet-Modus. Und wollten wir die Salome Pockerl nicht immer schon als Riot Girl erleben?

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