Gastkommentar

Die Geister, die ich rief – das Korruptionsstrafrecht neu

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Höheres Strafmaß durch Sanierung imKorruptionsstrafrecht? Das löst Probleme in der Praxis nicht.

Zur Person

Andreas Pollak (* 1983) ist Partner bei der auf Wirtschaftsstrafrecht spezialisierten Anwaltskanzlei Petsche Pollak RA in Wien.

Der Ausflug zweier Abgeordneter auf eine Urlaubsinsel führte zu weitreichenden Konsequenzen. Während die politischen Folgen hinlänglich bekannt sind, hat nun die Regierung ihren Gesetzesvorschlag zur Verschärfung des Korruptionsstrafrechts vorgestellt. „Korruption ist Gift für die Demokratie“, und „auf allen Ebenen gehört Korruption mit der vollen Härte des Rechtsstaats verfolgt“. Mit diesen Worten beschrieben die zuständigen Ministerinnen das Gesetzespaket. Aber auch der Satz „Der Unschuldsvermutung muss zum Durchbruch verholfen werden“ ist gefallen.

Genau dieser Satz regt zum Nachdenken an. Vor allem dann, wenn man sich die Praxis der Anklagebehörden in den vergangenen Jahren ansieht. Denn seit den Ereignissen auf Ibiza hat besonders die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft in vielen ähnlich gelagerten Fällen ermittelt und in einigen Anklage erhoben. Was fehlt, sind jedoch Verurteilungen, da bisher nur eine Kette glatter Freisprüche vorzuweisen ist, wie zuletzt in der Causa Chorherr. Zwar ist es gut und richtig, dass sich unabhängige Gerichte mit heiklen Fällen auseinandersetzen. Aber es muss die Frage erlaubt sein, ob es überhaupt so weit kommen muss. Denn laut Gesetz sind Staatsanwaltschaften dazu verpflichtet, erst Anklage zu erheben, wenn eine Verurteilung aufgrund eines ausreichend geklärten Sachverhalts naheliegt.


Den schwarzen Peter aber allein der WKStA zuzuschieben, ist der falsche Ansatz. Immerhin gilt die Weisungskette innerhalb der Strafverfolgungsbehörden. So sind die Staatsanwaltschaften ebenso verpflichtet in sogenannten clamorosen Strafsachen ihrer jeweiligen Oberbehörde zu berichten und gegebenenfalls Weisungen einzuholen.

Unbefriedigender Ist-Zustand

Was jedoch Fakt ist: Nicht nur das Vertrauen der Allgemeinheit in die politischen Institutionen sinkt merklich. Verfolgt man die derzeitige Routine der Anklagebehörden weiter, wird der Glaube der Bevölkerung an eine effektive Strafverfolgung auch schwinden. Dass die vorherrschende Anklagepraxis problematisch ist, zeigen genau diese vielen Freisprüche in Korruptionsstrafsachen. Denn die einschlägigen Delikte spielen sich fast immer auf der Vorsatzebene ab. Die Abgrenzung zwischen legalem Verhalten und Straftat hängt oft nur davon ab, welches Motiv die handelnden Personen verfolgen. Die Vorstellung oder das öffentliche Wunschdenken, etwas könnte strafbar sein, ist eben nicht immer strafbar.

Die politische Reaktion auf den unbefriedigenden Ist-Zustand sieht neue Delikte und höhere Strafdrohungen vor. So drohen zukünftig Freiheitsstrafen von bis zu 15 Jahren – solche drohen nur bei den schwersten Gewalttaten, etwa dem bewaffneten Raub. Wie die Bilanz zeigt, ist ja eben nicht das Strafmaß das Problem. Das Problem spielt sich vielmehr bei der Beweisbarkeit der Korruptionsdelikte ab, aber auch bei den teilweise überschießenden Anklagen. Vielleicht sollte man aus der Historie die geeigneten Schlüsse ziehen, weniger anklagen, aber dafür handfester.

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