Neue Koalition

Schwarz-Blau: Niederösterreichs ÖVP ortet einen "Beißreflex" der Öffentlichkeit

Die ÖVP ist mit herber Kritik wegen der Koalition mit der FPÖ in Niederösterreich konfrontiert.
Die ÖVP ist mit herber Kritik wegen der Koalition mit der FPÖ in Niederösterreich konfrontiert.APA/HELMUT FOHRINGER
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Landesgeschäftsführer Ebner spricht von einem „erwartbar lautem“ Aufschrei. Die Strafrückzahlung im Rahmen eines Corona-Fonds sind für den neuen Klubobmann Danninger rechtlich machbar.

Niederösterreichs ÖVP hat in Zusammenhang mit dem Pakt mit der FPÖ einen "Beißreflex" der Öffentlichkeit geortet. Klubobmann Jochen Danninger sieht in dem umstrittenen Übereinkommen jedenfalls auch Grundprinzipien der Volkspartei gestärkt, wie er am Montag vor Journalisten betonte. Die von Experten kritisch betrachtete Rückerstattung von verfassungswidrigen Covid-Strafen im Rahmen des Corona-Fonds erachtet er - mit Verweis auf beigezogene Juristen - als rechtlich machbar.

"Wir wissen, dass es da jetzt natürlich eine große Aufregung gibt", betonte auch ÖVP-Landesgeschäftsführer Bernhard Ebner zur herrschenden Kritik am schwarz-blauen Übereinkommen. Er verwies darauf, dass es bereits in der Vergangenheit auf diversen Ebenen Bündnisse von Volkspartei oder auch SPÖ mit den Freiheitlichen gegeben habe. Generell sei der "Aufschrei erwartbar laut", aber auch einer, "den man im Detail anschauen muss".

Debatte um EU-Zuständigkeiten

Zu den durch den Pakt gestärkten Grundprinzipien der ÖVP zählen für Danninger Eigentum, Pflege, Mobilität und das Bekenntnis zu Europa. Am Wochenende hatte bei letzterem Punkt für Wirbel gesorgt, dass ein Teil der EU-Agenden an Udo Landbauer, FPÖ-Landesparteichef und werdender Landesvize, gehen. Konkret sind das die Zuständigkeit für die Geschäftsstelle für EU-Regionalpolitik und die Verwaltung des grenzüberschreitenden Programms Interreg Österreich-Tschechien. Danninger unterstrich am Montag in St. Pölten, dass die Außenbeziehungen Niederösterreichs inklusive Europäischer Union "selbstverständlich Chefsache" seien und damit im Zuständigkeitsbereich von Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) liegen würden.

Der Corona-Fonds sei naturgemäß ein "Zugeständnis der ÖVP" im Rahmen der Verhandlungen mit den Freiheitlichen gewesen. Es gehe jedoch um mehr als die Strafenrückzahlung. Vorgesehen ist mit den zur Verfügung stehenden 30 Millionen Euro laut Arbeitsübereinkommen u.a. auch die Finanzierung von Beratungsleistungen im Fall individueller Schäden, von medizinischer Betreuung von Personen mit Impfbeeinträchtigungen sowie die Beteiligung an Kosten zur Behandlung psychischer Probleme. Das Geld komme nicht nur Maßnahmenkritikern zugute, so Danninger: "Menschen, die sich an alles gehalten haben, dürfen jetzt nicht die Dummen sein." Die Einrichtung des Fonds und eine Erarbeitung von Förderrichtlinien durch die Landesregierung solle "so schnell wie möglich" über die Bühne gehen.

Tirol ist Vorbild für Wirtshausprämie

Die ebenfalls am Wochenende mehrfach beleuchtete Wirtshausprämie orientiert sich laut dem scheidenden Landesrat Danninger an einem in Tirol bereits umgesetzten Modell. Das im Übereinkommen geforderte traditionelle und regionale Speisenangebot sei nicht alleine entscheidend. Angeführt wurden eher Gedanken in Richtung Standortattraktivität: "Es soll in jeder Gemeinde, in jedem Ort einen Platz geben, wo Leute zusammenkommen können." Enthalten ist im Pakt auch das Ende des nicht-amtlichen Stimmzettels, den es laut Ebner schon bei den Gemeinderatswahlen 2025 nicht mehr geben wird. Der Grundsatz "Name vor Partei" bleibe aber bestehen, wurde betont.

(APA)

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