Niederösterreich

Mikl-Leitner ist wieder Landeshauptfrau, Opposition "erschüttert"

Gottfried Waldhäusl, Udo Landbauer (beide FPÖ), Jochen Danninger und Johanna Mikl-Leitner (beide ÖVP) während der konstituierenden Sitzung des Landtages
Gottfried Waldhäusl, Udo Landbauer (beide FPÖ), Jochen Danninger und Johanna Mikl-Leitner (beide ÖVP) während der konstituierenden Sitzung des LandtagesAPA/HELMUT FOHRINGER
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Johanna Mikl-Leitner wurde vom Landtag zur Landeshauptfrau gewählt - mit einer Stimme mehr, als erwartet. Die ÖVP hält 23 Mandate, SPÖ, Grüne und Neos hatten angekündigt, gegen sie zu stimmen, die FPÖ wollte geschlossen ungültig wählen.

In Niederösterreich findet heute die konstituierende Sitzung des Landtages statt. Das Ziel: Die neue Landesregierung wird gekürt, Landeshauptfrau und Stellvertreter gewählt. Aber: Die SPÖ, die Grünen und die Neos haben im Vorfeld angekündigt, Johanna Mikl-Leitner nicht wählen zu wollen. Die FPÖ, die mit der ÖVP ein äußert umstrittenes Arbeitsübereinkommen geschlossen hat, gab bekannt, ungültig zu wählen, um Mikl-Leitner nicht zu verhindern, ihr Wahlversprechen, sie nicht wählen zu wollen, aber auch nicht zu brechen. Das Ergebnis: Die ÖVP-Landeschefin erhielt bei der Abstimmung 24 Stimmen - eine mehr als erwartet. 

Konkret wurden von den 56 Abgeordneten 41 gültige Stimmen abgegeben, davon 24 für Mikl-Leitner und 17 gegen sie. Allerdings: Die Volkspartei hat nur 23 Mandate inne. 15 Mandatare - unter ihnen wohl die 14 der FPÖ - wählten ungültig. Zu Landeshauptfrau-Stellvertretern wurden Stephan Pernkopf (ÖVP) und Udo Landbauer (FPÖ) gekürt. Auf sie entfielen 37 bzw. 25 der 56 möglichen Stimmen.

Die Zustimmung für Mikl-Leitner fiel überaus dünn aus. Als die Landeschefin am 19. April 2017 die Nachfolge von Erwin Pröll (ÖVP) antrat, hatte sie 52 von 56 möglichen Stimmen eingefahren, nach der Landtagswahl 2018 waren es 53 gewesen. Gewählt wurde sie am Donnerstag wohl von den 23 Abgeordneten ihrer Volkspartei, eine weitere Stimme kam hinzu. Ermöglicht wurde eine Mehrheit auf diese Art und Weise durch die ungültigen Stimmen, die großteils aus den Reihen der Freiheitlichen gekommen sein dürften.

Mikl-Leitner: "Heutiger Tag ist keine Routine"

Mikl-Leitner betonte sodann in ihrer Rede im Landtag, dass der heutige Tag für sie keine Routine darstelle und die kommende Zeit wohl auch keine einfache werde. Der Wahlkampf sei extrem hitzig gewesen, in der Bevölkerung wären Gräben entstanden, daher sei es nun die „Anforderung unserer Zeit, aufeinander zuzugehen und Brücken zu bauen“.

Außerdem betonte sie: Der Kompromiss, der zur neuen Landesregierung geführt habe, dürfe nicht als Niederlage interpretiert werden. Einmal mehr verwies sie darauf, dass der schwarz-blaue Pakt zugunsten der Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher sei: „Messen Sie diese Regierung an ihren Taten.“ Die Kritik an dem Vorhaben, Deutsch am Pausenhof einzuführen, wies sie als ungerechtfertigt zurück. Hier werde mit „zweierlei Maß“ gemessen.

Landbauer bekundete anschließend, dass für ihn das Land an erster Stelle stehe: „Für seine Heimat und die eigene Bevölkerung arbeiten zu dürfen, das ist immer der richtige Weg.“ Er wolle mit der Verantwortung sorgfältig umgehen. „Wir setzen einen Neuanfang, einen Schulterschluss, ganz im Zeichen der Veränderung.“ 

Weniger euphorisch trat Neos-Chefin Indra Collini auf: Sie nannte das schwarz-blaue Bündnis „erschütternd“. Die ÖVP habe für Niederösterreich „in den Flug nach Ibiza eingecheckt“. Auch die grüne Klubobfrau Helga Krismer stimmte ein: Es sei einmalig, dass die Landeshauptfrau nicht einmal vom Koalitionspartner gewählt werde. SPÖ-Klubobmann Hannes Weninger gab sich kämpferisch: Seine Fraktion werden nicht den „Bettvorleger der ÖVP spielen“, sondern den „unsozialen“ Vorhaben „massiven Widerstand“ entgegensetzen.

Protest vor dem Landhaus, Buhrufe für Waldhäusl

Die 56 Abgeordneten - 20 von ihnen sind neu - wurden zu Beginn der Sitzung angelobt. Landtagspräsident Karl Wilfing (ÖVP) wurde mit 51 Stimmen im Amt bestätigt. Für den Zweiten Landtagspräsidenten Gottfried Waldhäusl (FPÖ), bisher Asyllandesrat, votierten nur 38 Mandatare. Die Dritte Landtagspräsidentin Eva Prischl (SPÖ), zuvor im Bundesrat, erhielt alle 56 möglichen Stimmen.

Vor dem Landhaus in St. Pölten hatten sich seit der Früh Hunderte Menschen versammelt, um gegen das schwarz-blaue Bündnis zu protestieren. Alexander Pollak, Sprecher von SOS Mitmensch, sprach von einem "politischen Dammbruch". "Wir wollen ein Zeichen setzen, dass wir das nicht so akzeptieren", betonte Pollak bei der Kundgebung mehrerer Organisationen mit bis zu 500 Personen unter dem Motto "Keine Koalition mit Rassisten!".

Protestkundgebung SOS Mitmensch 'Keine Koalition mit Rassisten'
Protestkundgebung SOS Mitmensch 'Keine Koalition mit Rassisten'APA/HELMUT FOHRINGER

Buhrufe gab es beim Eintreffen des Freiheitlichen Gottfried Waldhäusl, scheidender Asyllandesrat und künftiger Zweiter Landespräsident, mit FPÖ-Klubchef Reinhard Teufel gegen 8.00 Uhr im Landhaus. Waldhäusl wurde in den Redebeiträgen bei der Demonstration etwa als "Meister der Hetze" und "Vorreiter der Inkompetenz für seinen Aufgabenbereich" bezeichnet. Auch weitere Politiker wurden ausgebuht und ausgepfiffen.

Pollak sprach von einer "Koalition mit Rassisten, mit Rechtsextremisten". Besonders scharf kritisierte er, dass die FPÖ wieder für das Integrationsressort zuständig ist. "Rassisten im Lande", der schwarz-blaue Pakt, und Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) wurden in gemeinsamen Rufen der Teilnehmer eine "Riesenschande" genannt.

Protest gegen Schwarz-Blau
Protest gegen Schwarz-BlauAPA/HELMUT FOHRINGER

Ressortzuständigkeiten

SPÖ
Ulrike Königsberger-Ludwig bleibt Gesundheitslandesrätin, der designierte rote Landesparteichef Sven Hergovich übernimmt laut Aussendung des Landespressedienstes Baurecht und kommunale Verwaltung.

Königsberger-Ludwig ist weiterhin für Soziale Verwaltung, Gesundheit und Gleichstellung zuständig.

FPÖ
Landesparteichef Udo Landbauer ist als LH-Stellvertreter für Infrastruktur (Straße und öffentlichen Verkehr) und Sport zuständig. Die freiheitliche Landesrätin Susanne Rosenkranz übernimmt die Agenden für Arbeit, Konsumentenschutz, Natur- und Tierschutz. Ihr Parteikollege Christoph Luisser fungiert als Landesrat für Sicherheit, Asyl und Zivilschutz.
Zur ÖVP gehören u.a. Finanzen, Wirtschaft, Personal und Kultur, zur FPÖ etwa Infrastruktur und Arbeit.

ÖVP
Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner übernimmt neben Personalangelegenheiten und Kultur nun auch die Bereiche Wirtschaft und Tourismus. LH-Stellvertreter Stephan Pernkopf ist für Energie, Landwirtschaft und jetzt auch für Wissenschaft verantwortlich. Landesrätin Christiane Teschl-Hofmeister ist neben Bildung und Soziales für Wohnbau zuständig. Finanzlandesrat Ludwig Schleritzko verantwortet zudem die Agenden der Landeskliniken.

(hell/APA)

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