Lokalkritik

Lokalkritik aus dem Creo

Restaurant Creo
Restaurant CreoChristine Pichler
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Weniger Krypt-Bar als erwartbar: Das Creo bleibt noch Überraschungen schuldig – aber das kann noch werden.

Was darf es denn nicht sein?“, so beginnt der Kellner das Gespräch zu Tisch durchaus gewinnend. Überhaupt ist das Servicepersonal im neuen Creo (lat. für kreieren) in der Wiener Blindengasse, adrett gekleidet ganz in Schwarz, aufmerksam, freundlich und zahlreich zugegen. Selbst der Hund am Nebentisch sowie sein Frauchen bekommen unaufgefordert ihr Wasser nachgefüllt. Viel wurde schon geschrieben über die geschwungene, „mosaiksteinfunkelnde“ Bar, die prachtvolle Holzvertäfelung, die denkmal­geschützte Marmorfassade, die Wohn­zimmeratmosphäre der Adresse. Zuletzt ­versuchte hier „Das kleine Paradies“ sein Glück, tat sich als junges Unternehmen aber schwer damit, die Pandemie zu überstehen. Als Gast ist man also für jeden ­weiteren gastronomischen Anlauf dankbar, den Räumlichkeiten gerecht zu werden. Der Aufgabe nahmen sich nun Franz Wogowitsch von den Burgermachern und Chris Schilcher von der Krypt-Bar an und stampften in nur sieben Wochen ein ­Konzept aus dem Boden.

Restaurant Creo
Restaurant CreoChristine Pichler

Wider Erwarten

Die eingangs erwähnte Frage des Kellners zielt auf ebendieses ab: Ein Überraschungsmenü im Fine-Dining-Bereich soll es sein, À-la-carte-Bestellungen gibt es nicht. Auch die Anzahl der Gänge ist variabel. Nur eben Unverträglichkeiten, verschiedene Ernährungsweisen und Unerwünschtes kann man von vornherein ausschließen. Gäste, die früher eintreffen, zahlen den Vollpreis von 89 Euro, kommt man später am Abend und die Bestände gehen zur Neige, zahlt man weniger. Man sei jedoch versichert: Hungrig geht hier niemand nach Hause. Auch die Weinbegleitung ist mit 32 Euro absolut preiswert.

Restaurant Creo
Restaurant CreoChristine Pichler

Das Problem bei dem Konzept und dem Wording („Überraschung“, „creo“) ist die Erwartungshaltung, die man zumindest kreiert. Kaum fragt man sich selbst, was es denn nicht sein darf, tut sich im Kopf eine Unendlichkeit an möglichen Gerichten auf, die einem an diesem Abend serviert werden könnten, man erwartet das Unerwartete. Unter diesen Voraussetzungen fällt das eigentliche Menü dann doch etwas brav, ja beinahe mutlos aus: Carpaccio vom Rind, Vitello Tonnato, ein dekonstruierter Caesar Salad, wo das Hühnerspießchen neben Eisbergsalatvierteln aus einer Schnitte Toast ragt, Pasta mit Basilikumpesto, Kürbisrisotto, Rindsbackerl mit getrüffeltem Kartoffelpüree und Brokkoli. Alles gut, aber auch ein wenig fad gewürzt — insbesondere die Pastagerichte.

Dafür hat man Freude an den Getränken. Also am Feintuning hapert’s und den Momenten der Verwunderung, aber wer weiß: Vielleicht ist das Creo nach einem Warm-up noch für eine Überraschung gut!

Restaurant Creo
Restaurant CreoChristine Pichler

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.02.2023)

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