Analyse

Für Start-ups wird das Ende des billigen Geldes bedrohlich

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Die Konkurrenz um Investorengeld nimmt zu. Für manche Start-ups wird es eng. Investoren wollen sich heuer vermehrt von Beteiligungen trennen.

Auf dem vorbörslichen Kapitalmarkt sei es fünf vor zwölf, ließ sich Christiane Holzinger von der Austrian Angel Investors Association per Aussendung zitieren. Bei der Vorstellung des „Austrian Investing Report 2022“ korrigierte sich die Investorin dann: „Es ist fünf nach zwölf, wenn wir die Rahmenbedingungen für Start-ups nicht verbessern.“

Die vom Entrepreneurship Center der Wirtschaftsuniversität Wien und dem Wirtschaftsforschungsinstitut Eco Austria durchgeführte und am Donnerstag präsentierte Umfrage unter heimischen Investoren gießt nämlich in Zahlen, worüber in der Start-up-Szene schon seit Monaten geklagt wird (wie die Krise Start-ups zum Umdenken zwingt, berichtete die „Presse am Sonntag“ unlängst). Nach der Geldschwemme der vergangenen Jahre wird Risikokapital nun knapp auf dem Markt. So knapp, dass die Konkurrenz um Risikokapital massiv zunehmen wird.

Mit der Folge, dass die Besten weiterhin Geld bekommen werden. Aber viele Start-ups und damit viele innovative Geschäftsideen auch vom Markt zu verschwinden drohen.

Investoren reduzieren Beteiligungen

Denn auch wenn institutionelle Investoren heuer vorhaben, etwas mehr Kapital zu investieren als noch im Vorjahr: Die Zahl der Beteiligungen dürfte heuer sinken (siehe Grafik). Risikokapitalgeber konzentrieren sich also vermehrt auf die sprichwörtlichen Edelsteine in ihrem Portfolio, während andere Beteiligungen zum Teil auch abgestoßen werden sollen.

Selbiges gilt auch für Angel Investors, die heuer im Schnitt auch insgesamt weniger Kapital investieren wollen. Das bedeutet wiederum, dass es Start-ups in der Frühphase heuer besonders schwer haben werden, denn Business Angels sind besonders in den frühen Phasen wichtige Kapitalgeber und oft wichtige Ratgeber der Gründerteams.

Rendite ist wichtigstes Motiv für Investments

Investoren stecken auch – aber längst nicht nur – deshalb ihr Geld in Start-ups, weil sie einen Beitrag dazu leisten wollen, die Welt zu verbessern. Das stärkste Motiv der Geldgeber heißt der Umfrage zufolge: Rendite. Und das ist auch der Grund, weshalb es für Start-ups aktuell immer schwieriger wird, Kapital einzusammeln.

Denn Liquidität ist aktuell teuer, die Zinsen sind hoch. Investments in Start-ups sind mit Risiko verbunden. Insofern muss das Potenzial eines Start-ups aus Sicht der Investoren beträchtlich sein, damit sich ein Investment lohnt. Und überhaupt konkurrieren Start-ups derzeit auch mit anderen Anlageformen um Kapital. Was mit erklärt, weshalb sich Investoren heuer vermehrt von Beteiligungen an Start-ups trennen wollen.

Auf einem anderen Blatt steht freilich, wie gut es gelingt, Beteiligungen zu verkaufen in einem Umfeld, in dem Investoren vermehrt Beteiligungen loswerden wollen.

Institutionelle Investoren gehen auf Nummer sicher

Dass vor allem institutionelle Investoren heuer vermehrt auf Nummer sicher gehen, zeigen die laut Umfrage wichtigsten Entscheidungskriterien für Beteiligungen. Fast 85 Prozent gaben an, auch auf die Berufserfahrung des Gründerteams zu achten. Knapp 66 Prozent der Angel-Investoren nannten Erfahrung als wichtiges Kriterium.

Ähnlich relevant ist für Investoren das Geschäftsmodell der aufstrebenden Firmen. Besonders attraktiv sind demnach Unternehmen, die bereits gezeigt haben, dass sie Geld verdienen können, die aber auch skalierbar sind.

Thematisch legen Investoren heuer ihr Augenmerk vermehrt auf Felder wie künstliche Intelligenz, Energie und Gesundheit.
Aber Investoren achten bei ihren Beteiligungen auch auf andere Signale, wie Bernhard Sagmeister, Geschäftsführer der Förderbank des Bundes, berichtet.

So können öffentliche Förderungen und Garantien nicht nur jungen Unternehmen durch schwierige Zeiten helfen, sie dienen auch als Anreize für Investoren. Die Nachfrage nach Zuschüssen stieg laut Sagmeister zuletzt um ein Fünftel.

Branche will bessere Rahmenbedingungen

Amelie Groß, Vizepräsidentin der Wirtschaftskammer, forderte Maßnahmen, um Investitionen in junge Unternehmen attraktiver zu machen. So würden etwa Möglichkeiten zur Mitarbeiterbeteiligung dabei helfen, heimische Start-ups für internationale Talente attraktiver zu machen.

Ein Beteiligungsfreibetrag – also eine steuerliche Entlastung für Investoren – sei geeignet, um mehr Investorengeld in Richtung Start-ups zu bewegen. Und die Gründung eines Unternehmens sollte so unbürokratisch wie möglich vonstatten gehen können, forderte Gros.

Wobei es auch Stimmen gibt, die aktuell eine nicht ganz ungesunde Marktkorrektur am Werk sehen. Weil so viel billiges Geld auf dem Markt war, hatten Investoren bis Mitte des Vorjahres oft um Beteiligungen konkurriert und Bewertungen von Start-ups bisweilen in ungesunde Höhen getrieben.

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