Journalismus im Zwangsexil

"Wir können Russland nicht riechen und schmecken": Wie russische Medien im Ausland ums Überleben kämpfen

Noch ein Umzug: TV Doschd muss aus Lettland (im Bild: Newsroom in Riga) nach Amsterdam weiterziehen.(c) APA/AFP/GINTS IVUSKANS (GINTS IVUSKANS)
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Der Überfall auf die Ukraine bedeutete das Ende einer kritischen Öffentlichkeit in Russland. Viele Journalisten mussten ihre Sachen packen. Doch der Neuanfang im Ausland ist alles andere als leicht: über die Angst vor dem Publikumsverlust und den Alptraum, ein irrelevantes Exilmedium zu werden.

Fragt man Tichon Dsjadko, ob er sich als Emigrant fühle, dann verneint er entschieden. „Russland ist mir nicht fremd geworden“, betont er. „Ich stehe ständig in Kontakt mit meinen Freunden dort.“ Dsjadko ist Chefredakteur des unabhängigen TV-Senders Doschd (Regen). Seit mehr als einem Jahr ist er nicht mehr in Moskau gewesen. Zu groß sind die Sicherheitsbedenken. 

Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine bedeutete das Ende einer kritischen Öffentlichkeit in Russland. Fast alle unabhängigen Journalisten mussten ihre Sachen packen. So auch das gesamte Team von TV Doschd, das sich zunächst in Lettland neu ansiedelte.

Dsjadko und seine Kollegen befinden sich nun in der sonderbaren Situation, aus einem EU-Land über Russland für ein russisches Publikum zu berichten. Obwohl rund zwei Drittel von Doschds Zusehern in Russland geblieben sind und die Sendungen via Internet empfangen können, ist die aktuelle Situation für Doschd die vermutlich größte existenzielle Krise in der 15-jährigen Geschichte des Senders. Dem Kanal machen prekäre Finanzen, die Sorge um Aufenthaltsrechte, das Problem der räumlichen Distanz und die Angst vor dem Bedeutungsverlust zu schaffen. So geht es nicht nur TV Doschd. Der „Alptraum, ein Exilmedium zu werden“, verfolge alle aus Russland abgewanderten Projekte, gibt die Medienmanagerin Galina Timtschenko offen zu.


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