Tiere im Unterricht

Antike Vegetarier und mittelalterliche Tierfans

Er pflegte ein geschwisterliches Verhältnis zu Natur und Tieren: Franz von Assisi.
Er pflegte ein geschwisterliches Verhältnis zu Natur und Tieren: Franz von Assisi. Corbis via Getty Images
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Die Klassische Philologin Gabriela Kompatscher untersucht Mensch-Tier-Beziehungen in lateinischen Texten aus zwei Jahrtausenden. Davon ausgehend entwickelt sie einen von Tierethik begleiteten Schulunterricht.

Er wundere sich, welcher Leidenschaft oder welchem vernünftigen Grund jener Mensch folgte, der als Erster „mit dem Mund Mordblut“ und „das Fleisch eines getöteten Tieres mit seinen Lippen berührte“, schreibt der junge Plutarch (um 45–125 n. Chr.). In zwei Reden setzt sich der griechische Philosoph für Vegetarismus ein. Steht bei ihm der Tierschutzgedanke im Vordergrund, lässt Arnobius der Ältere – er lebte um 300 n. Chr. – einen Ochsen sprechen, der Menschen und Tiere auf einer Ebene sieht. Inspiriert dürfte diesen spätantiken Autor wiederum eine fiktive Rede Pythagoras' bei Ovid (43 v.–17 n. Chr.) haben, in der dieser mit Verweis auf die Wiederkehr menschlicher Seelen in Tierkörpern (Seelenwanderung) für den Vegetarismus eintritt: „Omnia mutantur, nihil interit“ („Alles wandelt sich, nichts geht zugrunde“).

Mehr als nur Metaphern und Symbole

Diese ganz unterschiedlichen Plädoyers zur Tierschonung in alten Texten stellen jedoch eine Ausnahme dar. En gros sei die Beziehung zwischen Tieren und Menschen in der Antike ähnlich wie gegenwärtig in der westlichen Welt gewesen, betont Gabriela Kompatscher von der Uni Innsbruck. Man nutzte Tiere als Nahrungsmittel, als Sportgeräte und zur Unterhaltung: „Damals gab es wie heute eine grobe Einteilung in essbar oder nicht essbar.“ Welches Tier in welche Kategorie gesteckt werde, sei dabei nicht in Stein gemeißelt: „Früher hat man bei uns Katzen gegessen, heute nicht mehr, dafür aber in anderen Kulturen.“
Die Klassische Philologin beschäftigt sich mit lateinischen Texten von der Antike bis in die Neuzeit, die sich auf besondere Weise mit Mensch-Tier-Beziehungen auseinandersetzen. Davon ausgehend entwickelt sie Konzepte für einen modernen Lateinunterricht. „Spannend finde ich v. a. solche Texte, die aufzeigen, dass es schon damals Menschen gegeben hat, die Tiere als Gefährten betrachtet haben oder aus ethischen Gründen vegetarisch gelebt haben.“ Kompatscher ist Mitglied der Human-Animals-Studies an der Uni Innsbruck und wünscht sich, dass dieses Feld an den Schulen hierzulande mehr Einzug hält. Gerade für den Lateinunterricht, und generell für sprachlich-literarische Fächer, gäbe es viele Möglichkeiten, um Literatur und Tiere ungezwungen zu verbinden – und Tiere in den übersetzten Texten nicht immer nur als Metaphern, Symbole oder Nebenfiguren zu interpretieren.

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