Digitale Restaurierung

Historische Filme erstrahlen in Farbe

Schwarz-Weiß-Aufnahmen können dank künstlicher Intelligenz benutzergesteuert, sprich realitätsgetreu, eingefärbt und restauriert werden.

Künstlerisch inszenierte Schwarz-Weiß-Fotografie verzichtet auf Farbe, um Licht und Schatten, Linien und Strukturen, Kontrasten und Komposition mehr Gewicht zu verleihen. Historische Schwarz-Weiß-Fotos leiden jedoch ebenso wie Filme oft unter der Farblosigkeit: Der monochrome Ton stellt eine Distanz zum Abgebildeten her. Seit den 1970er-Jahren gibt es Bemühungen, filmische Kulturgüter und Zeitdokumente, die in den Archiven der Welt lagern, zu kolorieren. Wirkliche Fortschritte gab es dabei aber nicht.

Algorithmus setzt Wünsche um

Aufwand und Kosten für manuelle und halb automatische Einfärbetechniken waren zu hoch. Werden die Bilder vollautomatisch eingefärbt, verlieren sie ihre Authentizität: Sie sind vielleicht schön anzusehen, aber eben nicht realitätstreu. Forschende der Uni Graz um Thomas Pock vom Institut für Maschinelles Sehen und Darstellen entwickelten jetzt zusammen mit der auf die Restaurierung von historischen Filmen spezialisierten Firma HS-ART eine integrierte Software-Anwendung, die dieses Problem auflöst. Interaktive und automatisierte Einfärbetechniken werden dabei mit Deep-Learning-Technologien kombiniert. Herausgekommen ist ein auf künstlicher Intelligenz (KI) basierender Algorithmus und ein trotz Automatisierung benutzergesteuerter Einfärbeprozess.

„Man braucht immer einen Menschen, der aus historischen Überlieferungen weiß, wie die Kleidung oder die Fassaden damals ausgesehen haben“, betont Pock. „War die Soldatenuniform grün oder blau? Das kann kein Algorithmus entscheiden. Er kann aber daraus lernen.“ Die Maschine wird mit einer Sammlung an Trainingsmustern gefüttert, um das Einfärben von historischen Filmen später automatisch zu übernehmen. „Es geht darum, mit möglichst wenig User-Input die Filme möglichst effizient einzufärben“, sagt Pock. „Das kann so aussehen, dass der Mensch die Farbgebung für einen Filmframe vorgibt und die Software die Einfärbung weiterer Frames übernimmt.“ Dafür müssen die selbstlernenden neuronalen Netze gut trainiert und durch Benutzerinteraktion dynamisch beeinflussbar sein.

Rauschen künstlich ergänzen

Mit den entwickelten Algorithmen kann historisches Material extrem sauber restauriert und eingefärbt werden. Doch erwünscht ist das wiederum nicht immer. Etwa im Fall von Kinofilmen, die das gewisse Rauschen, den sogenannten Film Grain (Filmkorn), brauchen, um auf das Publikum authentisch zu wirken. Der Clou: Die neue Software kann diesen Effekt nach dem Restaurieren und Einfärben künstlich wieder hinzufügen.

Der Quellcode des Kernalgorithmus ist frei zugänglich, effizient eingesetzt werden kann er mit einer aufbauenden, von HS-ART entwickelten Software. Erstmals erprobt wurde dieser „Diamant-Film Colorizer“ in der ZDF-Doku-Reihe „Hitlers Macht“. (cog)

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