Banken

Sorge um Deutschlands größtes Geldhaus: Deutsche Bank stürzt an der Börse zweistellig ab

imago images / Ralph Peters
  • Drucken

Seit dem Kollaps der Silicon Valley Bank vor gut zwei Wochen haben die Titel der Deutschen Bank rund 30 Prozent eingebüßt - damit lösten sich rund sieben Milliarden Euro an Börsenwert in Luft auf. Kanzler Olaf Scholz ist um Beruhigung bemüht.

Die Nervosität unter Bankanlegern ebbt nicht ab: Zum Wochenschluss geriet vor allem die Deutsche Bank unter massiven Verkaufsdruck. Die Aktien von Deutschlands größtem Geldhaus rutschten um bis zu 14,9 Prozent auf 7,95 Euro ab, so stark wie zuletzt während des Börsen-Crashs vom März 2020.

Seit dem Kollaps der Silicon Valley Bank (SVB) in den USA und dem Beginn der Bankenkrise vor gut zwei Wochen haben die Titel der Deutschen Bank rund 30 Prozent eingebüßt - damit lösten sich rund sieben Milliarden Euro an Börsenwert in Luft auf. Aktuell ist die Deutsche Bank noch gut 16,5 Milliarden Euro wert.

Für Unruhe sorgte laut Händlern zum Wochenschluss vor allem der rapide Anstieg der CDS des Frankfurter Geldhauses - also die Preise für die Absicherung gegen Zahlungsausfälle bei Anleihen von Banken. Für die Absicherung eines zehn Millionen Euro schweren Pakets von Deutsche-Bank-Anleihen mussten dem Datenanbieter S&P Market Intelligence zufolge am Freitag über 200.000 Euro gezahlt werden statt 142.000 Euro wie noch am Mittwoch.

Erst waren in den USA zwei mittelgroße Banken kollabiert und verstaatlicht worden, dann traf das Misstrauen der Anleger eine Reihe kleinerer und mittelgroßer Finanzhäuser des Landes. Ein Domino-Effekt, der auch jenseits des Atlantiks angekommen ist.

>>> Die drohende Bankenkrise im Überblick

In unserer Live-Berichterstattung finden Sie alles zum Thema.


Experten zuversichtlich: "Die Deutsche Bank ist nicht die nächste Credit Suisse"

Einige Finanzexperten halten die Deutsche Bank allerdings für widerstandsfähig: "Wir sind relativ entspannt angesichts des robusten Eigenkapitals und der Liquiditätspositionen der Bank", schrieben Analysten von Autonomous Research in ihrer Analyse. "Um es klar zu sagen: Deutsche Bank ist nicht die nächste Credit Suisse."

Seit der Notrettung der Schweizer Großbank Credit Suisse (CS) durch den Rivalen UBS am vergangenen Wochenende sorgen sich viele Investoren über eine Ausweitung der Vertrauenskrise auf andere Geldhäuser. Die CDS anderer großen Geldinstitute wie UBS, Societe Generale und Intesa Sanpaolo schossen am Freitag ebenfalls in die Höhe. Die Aktien des zweiten großen Finanzinstituts im DAX, die Commerzbank, gaben in der Spitze 10,4 Prozent auf 8,41 Euro nach. Bei der Commerzbank fiel der Börsenwert in den vergangenen zwei Wochen um rund vier Milliarden auf 10,8 Milliarden Euro.

Auch die Kurse von eigenkapitalähnlichen Anleihen (AT1) der Deutschen Bank gaben nach Daten des Online-Brokers Tradeweb nach, was die Rendite auf 24 Prozent ansteigen ließ. Damit rentierten sie doppelt so hoch wie noch vor zwei Wochen. Eigenkapitalähnliche Anleihen von Banken sind unter Druck geraten, seit die Credit Suisse gezwungen war, AT1-Schulden im Wert von 16 Milliarden Schweizer Franken (rund 16 Milliarden Euro) im Rahmen der Übernahme durch die UBS auf null abzuschreiben. "Die Auswirkungen der Abschreibung bei Credit Suisse haben Fragen zu einem wichtigen Teil der Bankenfinanzierung aufgeworfen", sagte Stuart Cole vom Vermögensverwalter Equiti Capital.

Unabhängig davon kündigte die Deutsche Bank am Vormittag an, am 24. Mai nachrangige Anleihen mit einem Volumen von 1,5 Milliarden Dollar (1,4 Milliarden Euro) vor ihrer Fälligkeit 2028 zu tilgen. Das Institut wird diese sogenannten Tier-2-Anleihen mit der ISIN-Nummer US251525AM33 zu 100 Prozent ihres Nennwerts mit den bis zum Einlösungsdatum aufgelaufenen Zinsen zurückzahlen.

EU ist um Beruhigung der Finanzmärkte bemüht

Der deutsche Kanzler Olaf Scholz hat dem Finanzinstitut demonstrativ sein Vertrauen ausgesprochen. "Es gibt keinen Anlass, sich irgendwelche Gedanken zu machen", sagte Scholz am Freitag nach dem EU-Gipfel in Brüssel. Die Deutsche Bank habe ihr Geschäftsmodell grundlegend modernisiert, neu organisiert und "ist sehr profitabel". Das Bankensystem in Europa sei sehr stabil und widerstandsfähig. Die EU habe strenge Regeln für die Aufsicht etabliert.

Der französische Präsident Emmanuel Macron sagte, die Situation der europäischen Banken sei nicht mit der Krisenbank Credit Suisse vergleichbar. "Das Fundament ist gesund." Eurogruppen-Chef Paschal Donohoe sagte: "Ich bin sehr zuversichtlich, was die Liquidität und die Widerstandsfähigkeit angeht, die unser Bankensystem aufgebaut hat." Die Regulierungsbehörden sowie nationale und europäische Institutionen hätten eine sehr wichtige Rolle dabei gespielt, die Widerstandsfähigkeit des Bankensystems zu stärken.

Der griechische Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis sagte, die Europäische Zentralbank (EZB) habe sehr gute Arbeit geleistet. "Ich glaube, dass das Bankensystem in Europa stabil und robust ist."

Umstrittene Kapitalmarktunion soll für noch mehr Stabilität sorgen

Zu noch mehr Stabilität soll nach Ansicht der Staats- und Regierungschefs die angestrebte Kapitalmarkt- und Bankenunion beitragen. Sie wollen die Arbeit daran weiter vorantreiben. Scholz sagte, beide seien ebenso wichtig für das Wachstum in Europa wie der Binnenmarkt. "Sie werden möglich machen, dass mehr Kapital eingesetzt werden kann, an der richtigen Stelle eingesetzt werden kann."

Bei der Kapitalmarktunion geht es im Kern darum, Hürden zwischen den einzelnen EU-Staaten abzubauen, um so Unternehmen mehr Möglichkeiten zu geben, sich Geld zu beschaffen. Verbraucher sollen zudem mehr Möglichkeiten für grenzüberschreitende Geldanlagen bekommen. Pläne der EU-Kommission für eine Kapitalmarktunion liegen seit September 2015 auf dem Tisch, doch die Umsetzung stockt. Bei der Bankenunion ist vor allem eine gemeinsame europäische Einlagensicherung umstritten.

Widerstände gibt es vor allem in Deutschland, wo es schon lange gut gefüllte Töpfe für den Notfall gibt. Sparkassen und Genossenschaftsbanken hierzulande befürchten, dass mit ihren Geldern Schieflagen von Instituten in anderen Staaten finanziert werden. Donohoe sagte, die Fortschritte beim Aufbau der Bankenunion müssten nun aufrechterhalten werden.

Auf einen Blick

Auslöser der Bankenkrise Anfang März war die Abwicklung des auf die Kryptobranche ausgerichteten US-Finanzkonzerns Silvergate Capital. Ein paar Tage später wurde das auf Start-up-Finanzierungen spezialisierte US-Geldhaus Silicon Valley Bank unter die Kontrolle der US-Einlagensicherung FDIC gestellt und geschlossen. Weitere kleine Banken gerieten ins Straucheln.

In Europa rutschte die Credit Suisse nach zahlreichen Skandalen, Kritik wegen schlechten Risikomanagements und Geldabflüssen in dreistelliger Milliardenhöhe in die Krise. Die Regierung und die Aufsichtsbehörden drängten die Konkurrentin UBS zur Übernahme.

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.