Wiener Adressrochaden

Louis Vuitton, Dior & Co.: Wenn Luxusmarken weiterziehen

Der neue Louis-Vuitton-Store am Wiener Graben.
Der neue Louis-Vuitton-Store am Wiener Graben. Carolina M. Frank
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Kaum ein Stein bleibt auf dem anderen, wenn Wiens beste Adressen weiterwandern: Louis Vuitton macht mit einem neuen Flagshipstore den Anfang, weitere Rochaden folgen.

Wien. Für Pressebüros in Paris oder Mailand ist es manchmal verständlicherweise nicht so einfach, aus der Ferne den österreichischen Markt und die Funktionsweise des kleinen Landes nachzuvollziehen. Wie in Frankreich passiert das meiste, das international von Belang ist, in nur einer Metropole, nämlich Wien.
Die Innere Stadt ist, wie ihre Innenstadtgesellschaft, eher überschaubar, beeindruckt aber viele mit ihrer imperialen Architektur – und die Menschen reden gern. Es kann also schon einmal sein, dass am Kohlmarkt, am Graben oder an der Kärntner Straße (also dort, wo man üblicherweise das „Goldene U“ ansiedelt) die Spatzen bereits von den Dächern pfeifen, was man in Paris oder Mailand nicht nur aus Diskretionsgründen nicht bestätigen kann – sondern ganz einfach, weil die Pressestellen von Luxusmarken selbst noch nicht informiert wurden.

Gemeinhin gilt: Wer gut vernetzte Immobilienmakler in der City kennt, ist mit bevorstehenden Umzügen schon vertraut, ehe sie spruchreif werden.

Wo Vuitton war, kommt Dior

Wenn etwa vor Kurzem der neue Flagshipstore von Louis Vuitton im geschichtsträchtigen Gebäude mit der Adresse Graben 20 aufgesperrt hat, dessen Erdgeschoß zuvor die Hälfte des Edelsupermarkts Meinl beherbergte, dann stellt das den Beginn einer Luxusmarkenrochade dar, die sich über die kommenden Monate und sogar Jahre hinziehen dürfte. Offizielle Bestätigungen für die Umzugspläne bekommt man in den Headquarters zum Teil noch immer nicht, aber bei Fashion-Week-Cocktails in Mailand und Paris konnte man in letzter Zeit immer wieder hören, „how important Vienna“ sei und dass „such great focus on the market“ herrsche.
Allein unter dem Dach des LVMH-Konzerns (gut informierte Menschen behaupten, dass Bernard Arnault, Vorstandsvorsitzender und reichster Mann der Welt, höchstselbst bei einem Lokalaugenschein in Wien einige der bevorstehenden Umzüge anordnete) gibt es einiges an Bewegung: Wo bisher Louis Vuitton war, wird Dior einziehen – und seine Wiener Fläche verdreifachen, ebenso das Sortiment. Fendi dürfte am Kohlmarkt die Straßenseite wechseln, somit den Platz von Dior einnehmen und seinerseits Loro Piana weichen. Auch diese LVMH-Marke ist schon am Kohlmarkt zu finden, in ihrem Ladenlokal wird eventuell Celine – erstmals – eine Wiener Adresse bekommen.

Wem jetzt schon der Kopf schwirrt, der möge zwischendurch am Schaumwein nippen, dann geht es gleich weiter: Aufgrund des kolportierten Rückzugs der Firma Jonak als Distributeur von Marken wie Giorgio Armani, Versace und Hermès wird sich auch in diesen Häusern einiges tun. Armani, zuvor am Kohlmarkt, derzeit am Trattnerhof und künftig vom Mutterhaus in Mailand geführt, dürfte das Ladenlokal der Zweitlinie Emporio Armani beziehen. Emporio wäre ein guter Kandidat für das Kaufhaus Lamarr an der Mariahilfer Straße, das bis 2024 ja ebenfalls noch befüllt werden muss.
Auch das Maison Hermès wird künftig aus der Zentrale in Paris geführt werden; das bestehende Ladenlokal am Graben wird derzeit signifikant vergrößert. Ob Versace der Stadt an eigener Adresse erhalten bleibt, ist, wenn man das Stimmungsbarometer der Branche realistisch evaluiert, derzeit eher fraglich.

Durchschnaufen, einmal um den Block – und weiter im Programm: Wo bisher Giorgio Armani am Kohlmarkt zu finden war, soll etwas später als geplant die Luxusschmuckmarke Van Cleef & Arpels einziehen – in einen Laden, der europaweit zu den größten zählen könnte.

Cartier, Schwesterunternehmen unter dem Dach des Richemont-Konzerns, ist am Kohlmarkt eine Tür weiter zu finden und wird sich ebenfalls vergrößern (angeblich war die Aufregung groß, als man vernahm, dass Van Cleef & Arpels nicht nur neu ankommen, sondern auch mehr Platz einnehmen würde). Nicht vergrößert, aber immerhin verjüngt und erfrischt präsentiert sich seit Kurzem die Longchamp-Boutique am Graben (auch da wurde im Pariser Showroom unlängst ein Loblied auf den „strategically important“ Marktplatz Wien gesungen). Ein Upgrade bekommt das Ladenlokal, in dem bisher ein großer Salamander zu finden war: Hierher soll Saint Laurent umziehen, und zwar aus dem Goldenen Quartier. Dass der Mutterkonzern Kering den dortigen Mietvertrag nicht aufgeben wird, sondern eine andere Brand aus seinem großen Portfolio neu in die Stadt holt, liegt nahe.

Erfrischend sind unter so vielen großen Playern die Initiativen kleiner Anbieter: Seit vergangenem Sommer tut sich immer wieder einmal etwas im ehemaligen Kerzengeschäft Retti am Kohlmarkt, einer Space-Age-Kapsel, die Hans Hollein einst entwarf. Ab 12. April zieht hier Elizaveta Fateeva ein und wird den Raum mit ihrem beliebten „One Dress a Day“-Projekt bespielen – also vor Ort ein Kleid pro Tag anfertigen und verkaufen.

Für Unterbringung ist gesorgt

Wer sich nun die banale Frage stellt, wer in all diesen Geschäften einkaufen soll: Für gute Hoteladressen ist jedenfalls gesorgt. Seit vergangenem Jahr ist das Rosewood zwischen Petersplatz, Graben und Tuchlauben eine ausgezeichnete Adresse für Herbergssuchende mit eher großem Geldbörserl, außerdem eröffneten das O11 am Opern- und das Almanac am Parkring. Dass etwas versteckt in der Riemergasse ein Residences-Ableger des Mandarin Oriental entsteht, wird nur mehr wahrnehmen, wer von so viel altem und neu entstehendem Luxus nicht völlig geblendet Zeit findet, die kleineren Gassen der Innenstadt zu durchstreifen.

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