Ukraine-Krieg

EU-Druck auf Raiffeisen wächst

Anders als bei bisherigen EU-Gipfeln wollte Kanzler Nehammer am Freitag nicht vor die Presse treten.
Anders als bei bisherigen EU-Gipfeln wollte Kanzler Nehammer am Freitag nicht vor die Presse treten. Geert Vanden Wijngaert / AP / pi
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Die EZB fordert die RBI auf, rasch einen Plan für ihren Ausstieg aus Russland vorzulegen. Europas Banken sollten dort nicht tätig sein, sagte Estlands Ministerpräsidentin Kallas.

Brüssel. Die offizielle Linie der Staats- und Regierungschefs am Freitag nach ihrem Gipfeltreffen war knapp und trocken: „Unser Bankensektor ist widerstandsfähig, und die Kapital- und Liquiditätslage ist gut.“ Doch in die Mikrofone der anwesenden Journalisten wollte das weder die Präsidentin der Europäischen Zentralbank, Christine Lagarde, noch jene der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, noch der Präsident des Europäischen Rates, Charles Michel, sagen. Sie sagten ihre Pressekonferenzen ohne weitere Erklärung ab – und heizten damit erst recht die Gerüchteküche an. Einzig Paschal Donohoe, Präsident der Euro-Gruppe, erklärte, er gehe davon aus, dass alle Banken Europas gegen Krisen gewappnet seien.

Nehammer schweigt

Auch Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) verzichtete auf eine Pressekonferenz nach Ende des Gipfeltreffens. Und so blieben ihm unangenehme Fragen zu einer Meldung der Nachrichtenagentur Reuters vom Donnerstagabend erspart, der zufolge die EZB gehörigen Druck auf die Raiffeisen Bank International (RBI) mache, einen Plan zum baldigen Ausstieg aus Russland vorzulegen. Gegenüber der „Presse“ hieß es bloß, das Finanzministerium habe ohnehin schon Stellung bezogen (nämlich dahingehend, dass die meisten europäischen Unternehmen in Russland geblieben und Banken wichtig seien, um den Rohstoffhandel am Laufen zu halten). Zudem habe der Bundeskanzler ja keine Befugnisse, einer privatwirtschaftlich organisierten Bank Vorschriften zu erteilen.
Doch der politische Wind in Europa wird für die RBI merklich rauer. „Unsere Banken sollten nicht in Russland tätig sein“, sagte die estnische Ministerpräsidentin, Kaja Kallas, am Freitag am Rand des Gipfeltreffens. Die EU sollte alle wirtschaftlichen Instrumente nutzen, um Druck auf Russland auszuüben, den Krieg zu beenden.
Ebenfalls am Donnerstag setzte die Nationale Agentur für Korruptionsprävention der Ukraine die RBI auf ihre Liste der internationalen Sponsoren des russischen Angriffskriegs. Grund dafür sei, dass die Bank weiterhin in Russland tätig ist und die völkerrechtswidrig besetzten „Volksrepubliken“ Luhansk und Donezk anerkennt.

Systemisch wichtig für Kreml

Unmittelbare Folgen für die Bank, die auch in der Ukraine tätig ist, hat das nicht. Hilfreich in der PR-Offensive der RBI, die diskret von der Bundesregierung flankiert wird, ist es aber nicht. Deren roter Faden lautet: Die EU-Sanktionen zwingen keine Bank, in Russland zuzusperren. Außerdem sind andere Banken auch dort tätig. So erklärte Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) gegenüber Reuters: „Machen wir uns nichts vor, 91 Prozent der westlichen Unternehmen sind noch immer in Russland, und sie tun, was vernünftig ist: warten, zurückhalten, absichern.“ Verschwiegen wird dabei aber, dass die RBI neben der UniCredit die einzige westliche Bank ist, die laut russischer Zentralbank systemisch wichtig ist. Es liegt auf der Hand, dass es schwierig ist, sich zurückzuziehen, ohne beispielsweise durch den Verkauf des Geschäfts erst recht Geld ins Budget des Kreml zu spülen. Die EZB fordert folglich auch keinen sofortigen Abschied. „Wir haben die Banken aufgefordert, das Geschäft in Russland weiterhin genau zu beobachten und im Idealfall so weit wie möglich zu reduzieren und abzubauen“, teilte eine Sprecherin der EZB Reuters mit.

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