Literatur

Hans Fallada: Ein Autor unter Wölfen

In der Zeit des Nationalsozialismus war Hans Fallada Erfolgsautor. Zwar kein Nazi, passte er sich an, wenn nötig. 1943 reiste er ins besetzte Frankreich, um Wehrmachtsoldaten zu unterhalten. Briefe von dort geben erstaunliche Einblicke.

Wer hat sie nicht vor Augen, die Bilder von Marlene Dietrich, die 1944 vor begeisterten GIs tanzt, oder von Marilyn Monroe, die während des Koreakriegs die euphorisierten Soldaten grüßt. Solche kulturellen Ablenkungsmanöver firmieren als Truppenbetreuung, die es im Zweiten Weltkrieg auch auf deutscher Seite gab. Im Gegensatz zu den Stars, die für ihre Gigs nach Kundus geflogen wurden, sah ein beliebter Schriftsteller, der im Dritten Reich verblieben war, 1943 gleich zwei mehrwöchigen Reisen durch das besetzte Frankreich als „embedded author“ entgegen: Hans Fallada.

Mit dem Erfolg der englischen Übersetzung des Romans „Jeder stirbt für sich allein“ (2009), der auf Hebräisch auch zum Bestseller in Israel werden sollte, setzte eine Renaissance von Falladas Werk ein, die den deutschsprachigen Lesern viele Neuausgaben bescherte. Seither wird bei jeder Novität diskutiert, wes Geistes Kind Fallada unter Hitler gewesen ist, denn er kam 1942 immerhin auf ein Jahressalär von rund 75.000 Reichsmark, was einer Kaufkraft von einer halben Million Euro entspricht – auf derlei Einnahmen blicken heutzutage nur wenige Akteure des literarischen Lebens. Zur Bewertung Falladas trägt der „Geheimreport“ von Carl Zuckmayer bei, der für den US-Nachrichtendienst OSS während des Kriegs die Künstlerelite im Reich beurteilt hat, auch Fallada: „Er versuchte ehrlich in seiner Art weiterzuschreiben, ohne sich in irgendwelche Nazipropaganda einzulassen oder ,mitzumachen‘. Bis 1939 hat er es auch nie getan, was seitdem geworden ist, weiss ich nicht, nehme aber auch hier keine entscheidende Standortänderung an.“ Er räumt zwar ein, dass Fallada zu Konzessionen gezwungen wurde, aber „ohne sich in Auffassung und Stil der Nazi-Schablone anzupassen“. Natürlich kam es zu Kompromissen. So änderte er auf Wunsch von Joseph Goebbels das Ende von „Der eiserne Gustav“ (1938) parteigerecht. Bei „Ein Mann will hinauf“ gab es indessen keine Zugeständnisse, das Buch erschien erst 1953. Fallada suchte – wie es im Lexikon zur „Literatur in Nazi-Deutschland“ heißt – einen „Mittelweg zwischen Anpassung und Autonomie“.

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