Wie soll man nur fünf Bücher identifizieren, die einen zu der Person gemacht haben, die man ist? Zehn Persönlichkeiten aus Kunst, Kultur, Sport und Philosophie haben es für uns gewagt – von Verena Altenberger bis T. C. Boyle.
Seelenverwandt mit Kafka
von Philipp Hochmair

Die Metamorphosen“ des Ovid sind ein in Versen verfasstes mythologisches Gedicht über das Verwandeln, ein Mensch verwandelt sich in eine Pflanze, in ein Tier oder ein Sternbild. Diese Art der wundersamen Verwandlung von einer Gestalt in eine andere hat mich fasziniert. Ich bin im Lateinunterricht darauf aufmerksam geworden und durch die Lektüre hat sich mir eine Tür in eine fremde, aufregende Welt geöffnet. Und gerade als mich diese Ovid-Welle erfasst hat, ist 1988 das Buch „Die letzte Welt“ von Christoph Ransmayr erschienen. Ransmayr schreibt Ovids Geschichte fort, indem der Held seiner Geschichte auf die Figuren aus den „Metamorphosen“ trifft. Dieser Wechsel der Zeitebenen zwischen dem Römischen Reich und heute hat meine Faszination für diese magische Literatur weitergeführt.
„Das Schloss“: Mit Kafka und seiner Literatur fühle ich mich seelenverwandt. Von seinen Romanen „Prozess“ und „Amerika“ habe ich Soloabende erarbeitet und spiele sie bis heute. Auch in „Das Schloss“ entsteht ein Sog und eine Wahrhaftigkeit, weil es um eine große Ohnmacht des Einzelnen vor dem rätselhaften, undurchschaubaren Geheimnis der Welt geht.
„Der Untergeher“ von Thomas Bernhard ist ein wirklich lustiger Künstlerroman. Anhand der Figur des Musikers Glenn Gould erlebt der Leser einen künstlerischen Befreiungsschlag. Das Genie, das sich seine eigene Welt erschafft, in der seine Kreativität stattfinden kann. Er kann nur Klavier üben, wenn der Baum vor seinem Fenster gefällt ist und in Holzscheiten an der Hauswand geschichtet ist. Das Bild hat mich in meiner Suche nach dem künstlerischen Ausdruck sehr geprägt: dass man sich seinen eigenen Raum selbst erschaffen muss.
„Der grosse Prato“ von Katharina Prato (erste Ausgabe 1858): Mein erstes Kochbuch. Alt und vergilbt, im Gewürzschrank der Großmutter. Das war die pure Entspannungsliteratur für mich, weil ich Poesie in der Konkretheit gefunden habe.
Zur Person
Philipp Hochmair, geboren 1973 in Wien, ist Schauspieler und Frontmann der Band Die Elektrohand Gottes.
Er war Ensemblemitglied am Wiener Burgtheater, dann am Hamburger Thalia Theater. 2018 sprang er als Jedermann in Salzburg für den erkrankten Tobias Moretti ein.
Wichtige Filmrollen hatte er u. a. in „Die Manns“, „Der Glanz des Tages“ und „Die Wannseekonferenz“. In der Serie „Die Vorstadtweiber“ spielte er den Minister Dr. Schnitzler.
Die Musik in den Büchern
von Markus Hinterhäuser

Joseph Roth – „Hiob“: „Hiob“ ist für mich reine Sprachmusik, eine immer anhaltende Melodie von einsamer stilistischer Größe und Vollendung.