Theaterkritik

Burgtheater: „Kasimir und Karoline“ auf der Toilette und an der Tankstelle

Burgtheater/Matthias Horn
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Mateja Koležnik inszeniert Horváths „Kasimir und Karoline“ als abgründigen Oktoberfest-Reigen, von dem man nicht alles sieht. Just dadurch sieht man die Aussichtslosigkeit – und spürt die Spuren von Hoffnung. Gelungen, auch dank des soliden Ensembles.

„Merkl, kannst du mir das Phänomen erklären, warum dass die Damenwelt immer zu zweit verschwindet?“ Unter den vielen denkwürdigen Sätzen, die der Kasimir in Horváths „Kasimir und Karoline“ zu sprechen hat, ist auch dieser. In der neuen Inszenierung am Burgtheater hört man ihn leicht verknappt, dafür konstituiert er quasi das Setting: Das Stück spielt zur Hälfte dort, wo die Damen laut Kasimir immer zu zweit hingehen. Nämlich in einer öffentlichen Toilette, genauer: im Waschraum vor den Einzelzellen. Sie ist auf der Bühne von Raimund Orfeo Voigt das Parterre, sozusagen das, was Nestroy „Zur ebenen Erde“ nannte.

Der erste Stock ist eine Kombination aus Garage, Tankstelle und Notaufnahme eines Krankenhauses. Ein Ort also, an den man sich zurückzieht (oder: an den man zurückgezogen wird), wenn das Fest Pause macht. Die Schauplätze des Oktoberfests selbst sieht man nicht, weder die Wiese noch den Wagnerbräu, weder das Hippodrom noch die Schnapsbude. Man sieht nicht den Auftritt der Musiker, nur die Probe. Kasimir würde sagen: Man muss nicht alles sehen. Recht hat er. So radikal die Inszenierung ist, sie macht Sinn, sie funktioniert. Es ist ja geradezu das Markenzeichen der slowenischen Regisseurin Mateja Koležnik, dass sie dem Publikum keinen totalen Blick gönnt, oft zeigt sie die Personen nur von der Seite, im Spiegel, durch Luken. Auch hier sind die Akteure im ersten Stock oft verdeckt durch dreckige Schiebewände, nur in der erbarmungslos beleuchteten Toilette sind sie den Blicken ausgeliefert. Und einander.

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