Interview

Hannes Androsch: „Die Menschen waren weniger anspruchsvoll“

„Der Sozialstaat wurde zu einer Sozialhilfeeinrichtung“, sagt Hannes Androsch.
„Der Sozialstaat wurde zu einer Sozialhilfeeinrichtung“, sagt Hannes Androsch. Jeff Mangione / KURIER / picture
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Der Industrielle und Ex-Finanzminister Hannes Androsch über Inflation und Energiepreisschock der 1970er-Jahre und die Reaktion der damaligen Regierung darauf.

Die Lage ähnelt derzeit in vielen Bereichen den 1970er-Jahren. Es gab einen Energiepreisschock, die Inflation ist hoch, und die Löhne steigen stark, auch, weil es zunehmend einen Arbeitskräftemangel gibt. Wiederholt sich hier gerade die Geschichte?

Hannes Androsch: In vielen Punkten sind wir heute in einer ähnlichen Situation. Die Reaktion darauf war damals jedoch eine andere. Wir hatten damals zwar keine Pandemie und ihre Folgen, aber es gab große währungspolitische Turbulenzen durch den Zerfall des Systems fixer Wechselkurse von Bretton Woods im August 1971. Allerdings haben wir darauf nicht mit Schmerzmitteln in Form staatlicher Ausgleichszahlungen reagiert, sondern gesehen, dass man eine Angebotslücke nur mit mehr Effizienz oder alternativen Beschaffungsmöglichkeiten ausgleichen kann. Wenn bei einer Angebotslücke hingegen die Nachfrage erhöht wird, dann steigen nur die Preise, und man erhält Zweitrundeneffekte, etwa über die Lohnerhöhungen. Die Situation wird also verschärft anstatt verbessert. Und da das noch dazu um den Preis von Unsummen geschieht, die ziel- und wahllos ausgegeben werden, wird das Folgen haben. Heuer wird in einem Jahr ein Defizit in einer Größenordnung gemacht, das es früher in zehn Jahren nicht gab.

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