Letzter Wille

Pfleger dürfen erben

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Wenngleich Standesregeln verbieten, Geld von Betreuten ohne Gegenleistung anzunehmen, können sie vom Testament profitieren.

Wien. Als ihr Mann verstarb, musste seine Ehefrau erkennen, dass ihr Ehegatte beim Testament an andere gedacht hatte. Konkret hatte der Mann drei Jahre vor seinem Tod seine Pflegerin und ihren Ehemann als Erben eingesetzt. Die Frau aber ging vor Gericht und verwies auf die Standes- und Ausübungsregeln für Pfleger. Demnach dürfen die Betreuer „ihre berufliche Stellung nicht zur Erlangung persönlicher Vorteile missbrauchen“. Und „insbesondere ist ihnen untersagt, Leistungen ohne gleichwertige Gegenleistungen entgegenzunehmen“.

Schon die ersten zwei Instanzen beeindruckte das nicht. Sie wiesen die Erbantrittserklärung der Ehefrau ab und stellten das Erbrecht der Pflegerin und deren Mann fest. Denn die Verordnung für Pfleger ziele auf den Schutz der betreuten Person. Aber wenn es um einen erst nach dem Tod eingetretenen Vermögenszuwachs für Pfleger gehe, sei dieser Schutzzweck nicht mehr geboten.

Vor dem Obersten Gerichtshof (2 Ob 15/23d) machte die Frau erneut geltend, dass es sittenwidrig sei, wenn die Pflegerin erbt. Daher habe das Testament nicht zu gelten. Der OGH betonte aber zum einen, dass nicht jeder Verstoß gegen eine Verbotsnorm zur Nichtigkeit führe. Zum anderen habe die Vorinstanz schon richtig auf den Zweck der Norm abgestellt. Und der nicht näher erläuterte Hinweis der Frau des Verstorbenen auf „öffentliche Interessen“ könne die Testierfreiheit auch nicht einschränken. Die Pflegerin und ihr Ehemann dürfen erben.

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