Ex-Staatschef Ma Ying-jeou ist auf einer historischen Reise in China und stiehlt damit Tsai Ing-wen die Show. Die amtierenden Präsidentin verliert kurz vor ihrem US-Besuch einen Verbündeten.
Ma Ying-jeou sucht die Annäherung. Das machte er deutlich, als er am Montag mit einem breiten Lächeln am Shanghaier Flughafen landete. Seit dem Sieg der Kommunisten im Bürgerkrieg über die Kuomintang (KMT) 1949 hatte kein ehemaliger oder taiwanischer Präsident mehr das chinesische Festland bereist. Es ist ein historischer Besuch, mit dem Taiwans ehemaliges Staatsoberhaupt (2008 bis 2016) seiner direkten Nachfolgerin, der amtierenden Präsidentin Tsai Ing-wen, die Show stiehlt.
Während der 73-Jährige von der Oppositionspartei KMT in der Volksrepublik hochsymbolisch die Gräber seiner Vorfahren besucht und einen Studentenaustausch organisiert, tritt Tsai eine Reise in die konträre Richtung an. Sie besucht die Verbündeten Belize und Guatemala in Mittelamerika und plant Zwischenstopps in den USA. Dort könnte sie auch mit US-Vertretern zusammenkommen. Im Gespräch war ein Treffen mit dem republikanischen Sprecher des Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy.
Es lehne jeden Kontakt strikt ab, ließ Peking im Vorfeld wissen. Die KP-Führung betrachtet die Insel als Teil des chinesischen Territoriums und droht an, sie notfalls mit Gewalt zu vereinnahmen. Zur gleichen Zeit ist Terry Gou, Gründer des Apple-Zulieferers Foxconn, in den USA. Wie Ma Ying-jeou gehört er zur Opposition und will nächsten Jänner um das Präsidentenamt kämpfen. Im Gegensatz zur Regierungspartei DPP will die KMT engere Beziehungen zur KP knüpfen.
Kritik an Chinas „Dollar-Diplomatie“
Tsai, die die Souveränität der Inselrepublik betont, darf bei den Wahlen 2024 kein weiteres Mal antreten. Doch es wird angenommen, dass ihr Nachfolger, Vizepräsident Lai Ching-te, ihre Politik großteils weiterführen würde. So kommt für die 66-Jährige auch die politische Wende von Honduras zur Unzeit. Nach 82 Jahren erkennt das mittelamerikanische Land nun Peking als einzigen Repräsentanten für ganz China an – offenbar aus wirtschaftlichen Gründen. Mit einem Glas Sekt besiegelten die Außenminister beider Staaten den Pakt am Sonntag. Sie liefere sich keine „Dollar-Diplomatie“ mit Peking und lasse sich nicht einschüchtern, kritisierte Tsai. Seit ihrem Amtsantritt 2016 verlor Taiwan acht Verbündete, die Beziehungen Taipehs zu China verschlechterten sich.
Dennoch verbuchte die 66-Jährige jüngst Erfolge, etwa mit dem Besuch der hochrangigen Demokratin Nancy Pelosi. Derzeit ist eine 150-köpfige Delegation aus Tschechien in Taipeh. Österreich unterzeichnete Mitte März ein Innovations-Übereinkommen.
(me)