Jüdisches Museum

Von Kain bis Kobalt, vom Paradies bis zum Holocaust: Wie sichtbar wird die Schuld?

(c) @Wien Museum/Birgit u Peter Kainz
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Die Ausstellung „Schuld“ im Haus am Judenplatz, der Dependance des Jüdischen Museums, drängt zu viele Aspekte eines übergroßen Themas in zu kleine Räume.

Es beginnt mit Adam und Eva. In diesem Fall: mit Eva allein, 1909 aus Marmor geformt von der russisch-österreichisch-jüdischen Künstlerin Teresa Feodorowna Ries. Ihre Eva liegt, die Hände vor dem Gesicht, wie niedergeschlagen da. Zu Boden geworfen von übergroßem Schuldgefühl? Oder, was vielleicht besser zur Haltung der frühen Feministin Ries passen würde, verworfen von der Männerwelt?

Im Museum am Judenplatz, der Filiale des Wiener Jüdischen Museums, liegt die Plastik vor einer grellroten Wand – was die Assoziation mit dem Thema Schuld fördert. Mit einer Bluttat, einem Vatermord, sei das Schuldgefühl in die Kultur gekommen, meinte Freud. Doch Augustinus begründete sein Konzept der Erbsünde in einer anderen, im heutigen Verständnis deutlich harmloseren Tat: Ungehorsam. Für den im Zug der christlichen Tradition immer mehr Eva verantwortlich gemacht wurde: als (von der Schlange) verführte Verführerin. Im Koran dagegen, der die Geschichte der Vertreibung aus dem Paradies in immerhin drei Suren erzählt bzw. andeutet, kommt Eva nicht namentlich oder als Akteurin vor. In der jüdischen Theologie sehr wohl, wie Andrea Winklbauer, eine der Kuratorinnen der Schau, erklärt, auch in einer sozusagen metatheologischen Deutung: Eva habe mit der Schlange über das göttliche Verbot disputiert, sei die erste Exegetin gewesen.

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