In Deutschland, Frankreich, Großbritannien legen Streiks wieder das öffentliche Leben lahm – und stärken die seit Jahren schwächelnden Gewerkschaften. Hauptgrund ist die Inflation.
Eine Streikwelle erfasst Europa: Sogar in Deutschland legte am Montag ein für das Land ungewöhnlicher „Megastreik“ den öffentlichen Verkehr lahm. Generalstreiks sind indes schon seit Wochen Teil der Proteste gegen die Pensionsreform in Frankreich, wo Präsident Emmanuel Macron die schlimmste Krise seiner Amtszeit erlebt. In Bedrängnis ist auch die konservative Führung in Großbritannien, selbst Krankenhauspersonal und Lehrer legten dort zuletzt die Arbeit nieder, um bessere Gehälter und Arbeitsbedingungen zu erkämpfen.
Einen deutlichen Trend zu mehr Streiks in Europa ortet der Schweizer Historiker Adrian Zimmermann: „Der gemeinsame Nenner ist die Teuerung“, sagt er im „Presse“-Gespräch. Er forscht über die Streikbewegung in Europa im Ersten Weltkrieg und sieht heute ähnliche Entwicklungen: „Ein Grund für die Radikalisierung war damals die extreme Teuerung. Genauso wie damals gibt es auch heute keinen Teuerungsausgleich mehr, der nach dem Zweiten Weltkrieg bis in die 1990er hinein zu den Grundmerkmalen des sozialen Kompromisses zählte.“