"Ähnelt zu stark Kuh": Warum der Euro nicht Ecu heißt

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Dass die europäische Währung Euro heißt, fanden 1995 nicht alle "sexy". Ehe es so weit kam, musste der französische Widerstand gebrochen werden.

Mit dem Vertrag von Maastricht 1993 fiel nicht nur der Startschuss zur gemeinsamen europäischen Währung, sondern begann auch der Streit um den Namen des neuen Geldes. Der bis dahin als Rechnungseinheit benutzte ECU stieß vor allem beim deutschen Finanzminister Theo Waigel und seinem österreichischen Kollegen Andreas Staribacher auf wenig Gegenliebe. Die Deutschen waren nicht gewillt, die D-Mark, die symbolisch für das Wirtschaftswunder des Landes stand, so einfach aufzugeben. Sie sahen ECU bloß als technische Abkürzung für "European Currency Unit".

"Es wird eine einheitliche europäische Währung geben, aber sie wird nicht Ecu heißen", sagte auch Österreichs damalige Nationalbankpräsidentin Maria Schaumayer. Die Lösung im Namensstreit wäre "ein Name, der die Bürger anspricht und ihnen nicht so auf die Nerven geht wie jetzt der Ecu", so Schaumayer. Zudem solle die Einheitwährung "von unten" kommen. Das wäre eine "demokratische Genugtuung".

Ecu als Streicheleinheit für die Franzosen

Bis es so weit kam, musste aber vor allem der Widerstand Frankreichs gebrochen werden, das sich vehement für den Namen Ecu einsetzte.

"Mit der Errichtung des Europäischen Währungssystems 1979 war gleichzeitig auch der/die ECU (=European Currency Unit) entstanden. Diese Namensgebung wurde aber von Anfang an als 'politische Streicheleinheit' für die traditionsbewussten Franzosen gewertet, denn das Akronym war homophon mit der alten französischen Gold- oder Silbermünze der Jahre 1266-1803 Ecu", schrieben die Autoren Georg Stötzel und Martin Wengeler 1995 in ihrem Buch "Kontroverse Begriffe".

"Semantischer Kampf" um Währungsnamen

Bereits in den 1980er Jahren fochten Jacques Delors, Präsident der EG-Kommission, und die deutsche Bundesregierung einen "semantischen Kampf" um die Herkunft des Wortes ECU/Ecu aus. Bei Unterzeichnung der "Einheitlichen Europäischen Akte" im Februar 1986 bestand Deutschland auf die ECU. Sieben Jahre später, bei der Unterzeichnung des Vertrags von Maastricht, sorgte Delors allerdings dafür, dass es auch im deutschen Wortlaut des Vertrages der Ecu hieß.

Das nahmen die Deutschen aber nicht so einfach hin. "Da die Vertragspartner sich in zähen Verhandlungen darauf geeinigt hatten, unterschiedliche Schreibweisen des Kürzels beizubehalten, wurden die bereits fertigen deutschen Fassungen wieder eingestampft und entsprechend korrigiert neugedruckt", heißt es bei Stötzel und Wengeler.

Euro-Taler und Euro-Dollar scheiterten

Als Streitpunkt entpuppte sich auch die Legierung für die beiden größten Münzen. Deutschland bevorzugte das sogenannte "Sandwich"-Verfahren aus mehreren Schichten - aus Gründen der Fälschungssicherheit. Die Franzosen sahen das als schwache Ausrede für nationale Wirtschaftsinteressen, da die Sandwich-Methode von Krupp entwickelt wurde. Frankreich und andere EU-Mitglieder bevorzugten hingegen eine zweifarbige Münze wie das französische 10-Franc-Stück.

Schließlich fanden sich historische Begründungen, warum die europäische Einheitswährung Euro-Franken, Euro-Taler, Euro-Dollar, Euro-Pfund oder Euro-Peso genannt werden sollte. Als realistischste Alternative zum Ecu galt lange die Variante, die jeweilige Landeswährung mit dem Zusatz "Euro-" zu versehen - also Euro-Mark, Euro-Francs, Euro-Gulden und so weiter. So hoffte man auch die Akzeptanz der Bürger bei Aufgabe der jeweiligen Landeswährungen zu steigern.

"Ecu erinnert zu stark am das Wort Kuh"

Beim EU-Gipfel am 15. Dezember 1995 in Madrid ließ der französische Präsident Jacques Chirac noch einmal die Muskeln spielen. Ecu sei vertraglich fixiert. "Also, Helmut, ich sehe nicht, wie man überhaupt erwägen kann, das zu ändern", sagte er laut "Financial Times Deutschland" zum deutschen Kanzler Helmut Kohl.

Doch der blieb hart. "Die deutsche Öffentlichkeit kann die Bezeichnung Ecu nicht akzeptieren", sagte er. "Auf deutsch ähnelt Ecu zu stark dem Wort Kuh", so Kohl. Und zweitens habe der Ecu seit den Währungskrisen 1992/93 rund 40 Prozent seines Wertes gegenüber der D-Mark verloren. Für ihn sei Ecu nicht verhandelbar.

Die Verlegenheitslösung Euro

Als Chirac mit Volksbefragungen drohte, konterte Kohl: "Eine Umfrage - würde das funktionieren? Womöglich sagen die Deutschen dann, dass die D-Mark das ist, was sie wirklich haben wollen". Ecu war damit vom Tisch. Der britische Premier John Major brachte daraufhin den "Florin" auf den Tisch, der in vielen Ländern gebräuchlich war. Das fand aber keine Mehrheit, also einigte man sich auf "Euro", wofür Kohl sich stark gemacht hatte. "Ich kann damit leben, auch wenn es nicht sehr sexy ist", sagte Luxemburgs Premier Jean-Claude Juncker.

Der französische Europa-Abgeordnete Georges Berthu wollte das übrigens nicht hinnehmen. Er klagte die Europäische Kommission wegen der Änderung von Ecu in Euro - ohne Erfolg.

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