Theaterkritik

„Pygmalion“ in St. Pölten mit genderfluider Eliza

Flott und voller Herzenslust spielt das Ensemble am Landestheater Niederösterreich G. B. Shaws „Romanze“. Ruth Brauer-Kwams Inszenierung ist reich an Ideen, vielleicht etwas überladen, und sprachlich anstrengend.

An der Rampe der Bühne des Landestheaters liegt ein aufgespannter Regenschirm. Das passt zu „Pygmalion“: Die sozialkritische „Romanze“ George Bernard Shaws beginnt mit einem Londoner Platzregen, vor dem sich Repräsentanten oberer und unterer Klassen in den Portikus von St. Paul's in Covent Garden flüchten. Ohne diesen Regenguss hätten sich der Phonetiker Higgins und das Blumenmädchen Eliza Doolittle nicht kennengelernt. Ohne dieses zufällige Gedränge hätten Higgins und Sanskrit-Experte Pickering nicht gewettet, ob ein Mädchen aus dem Prekariat mit tiefsten Cockney-Akzent durch Sprachunterricht in ein Wesen verwandelt werden könne, das nicht von einer britischen Herzogin zu unterscheiden sei.

Regisseurin Ruth Brauer-Kwam begnügt sich in Sankt Pölten nicht mit einem Schirm. Alle kriegen einen. Der Vorhang öffnet sich, das Bühnenbild spiegelt quasi den Zuschauerraum. Oben im Rang macht Kyrre Kvam Musik, zitiert später Shakespeare-Verse. Unten eilt Julia Kreusch als Higgins herbei, beginnt mit Sprachunterricht. Nach und nach tritt das übrige Ensemble auf, wird von ihm/ihr genötigt, englische Phrasen der besseren Gesellschaft von sich zu geben. Jedem Mann, jeder Frau spannt Higgins einen Schirm auf. Die Szene wirkt wie ein stilisierter Tanz.

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