Leserreaktionen

Robert Menasse über Blau-Schwarz in NÖ: Treffende Analyse oder linkes Pamphlet?

(c) Peter Kufner
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Der Schriftsteller Robert Menasse schrieb in seinem Gastkommentar für „Die Presse“ zur blau-schwarzen Koalition in Niederösterreich: „Mikl-Leitner wird sich nie wieder davon erholen.“ Der Text hat viele Reaktionen ausgelöst, positive wie negative. Eine Auswahl.

Den Gastkommentar von Robert Menasse zum Nachlesen finden Sie hier.

Die Reaktionen der Leser

Was für ein Beitrag!

Obwohl ich die Einschätzung des Autors bezüglich Udo Landbauer in vielen Punkten teile, berührt mich seine Abhandlung über die Mutter des Politikers doch sehr. Wer gibt Ihnen, Herr Menasse, das Recht, so über eine Frau mit Migrationshintergrund zu urteilen? Glauben Sie nicht, dass so eine Person auch das Recht hat, kritisch über die derzeitige Zuwanderung zu denken? Könnte es sein, dass sie gerade vor solchen Menschen aus ihrer Heimat flüchten musste?

Dr. Tomislav Hofer, 1220 Wien

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Intelligent und beinhart

Die Zeichnung von KUF und der Beitrag von Menasse machen eine Qualitätszeitung aus. Witzig, intelligent und beinhart. Wäre der Anlass nicht so traurig, ich hätte die Lektüre genossen. Nur mit den 70% Nicht-FPÖ-Wählern irrt Herr Menasse. Nur 17% der 1,3 Millionen Wahlberechtigten haben ihr Kreuzerl bei der FPÖ gesetzt, denn die größte Gruppe (30%) waren ja die Nichtwähler. Und bei mageren 17% Zuspruch vom Willen des Volkes zu reden, na ja. Das Rechnen fällt dem Herrn Landbauer halt schwer . . . Aber genug der negativen Gedanken, schauen wir fröhlich in die Zukunft und wollen wir an eine konstruktive Kooperation glauben. Um des lieben Koalitionsfriedens willen möchte ich Frau Mikl-Leitner und ihre armen ÖVP-Kollegen noch an einen möglicherweise wichtigen Termin erinnern: großes Bierzeltfest mit vielen neuen besten Freunden am 20. April in Braunau.

Dr. med. Christian Neumann, 1190 Wien

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Eklatante Sehschwäche auf einem Auge!

Einiges in Menasses Analyse ist ja völlig richtig, das Zustandekommen dieser Koalition ist inhaltlich auch vom Prozess her von Übel. Die Rolle von SPÖ-Jungstar Hergovich spielt Menasse aber nicht nur herunter, er spricht sogar von Entgegenkommen und Bereitschaft zu Verhandlungen. Da ist er wohl der Einzige, der solches wahrgenommen hat! Selbst wenn alle Forderungen von Hergovich maximale Berechtigung hätten, ist es ein NoGo, vor Verhandlungsbeginn dem möglichen Partner in martialischer Weise über die Medien mitzuteilen, welches Ergebnis er körperlich unversehrt akzeptieren würde. Wenn schon Hergovich nicht klar war, welche politische Dummheit er da begangen hatte, hätten ihn doch seine Genossen intern zurückpfeifen müssen. Das ist, auch zu meinem großen Bedauern, nicht passiert! Nun zu behaupten, dass Mikl-Leitner von vornherein eine Koalition mit der FPÖ geplant hatte, ist geradezu grotesk. Da hätte sie bewusst diesen Masochismus, öffentliche Demütigung und Selbstverleugnung einplanen müssen – und das gibt die Beurteilung ihrer bisherigen politischen Tätigkeit nicht her!

DI Peter Linzer, 1140 Wien

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Bravo, Robert Menasse!

Bravo, Robert Menasse! Pointierter und treffender kann ein Artikel nicht sein.

Tanja Dolnak, 1010 Wien

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„Böse“ und „gute“ FPÖ

Alles in allem ist Menasses Argumentation seit 23 Jahren sattsam bekannt: Koaliert oder kooperiert die FPÖ mit der SPÖ, ist sie „reingewaschen“, die Begründungen Menasses gehen hier schon ins Groteske (etwa die Darstellung Friedrich Peters – Causa Wiesenthal vergessen?), und er versucht, zwischen einer „bösen FPÖ“ (bei der Parteipolitiker mit Äußerungen in Richtung Nationalsozialismus aufgefallen sind) und einer „doch eh guten FPÖ“ (bei der halt keiner mit so etwas aufgefallen ist und die obendrein lieb zur SPÖ ist) zu unterscheiden, als ob es real zwei FPÖs gäbe; kooperiert die FPÖ hingegen mit der ÖVP und sitzt die SPÖ auf der Oppositionsbank, muss natürlich gleich eine Staatsaffäre konstruiert werden. Ja, ja, alle Menasses dieser Welt, ich kenne das alles seit Februar 2000. Da ich mich lieber an die politische Realität als an ideologisch geprägte Fiktionen halte, stelle ich dazu nur knapp fest, dass die ÖVP (in NÖ und sonst wo) dieselbe Partei bleiben wird, die sie ist und bisher war, und für einen Koalitionspartner grundsätzlich nicht verantwortlich ist.

Mag. Robert Ganser, 7143 Apetlon

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Irre Gedankenwelt

Besser kann nicht dargestellt werden, wie die NÖ-Wahl die irre Gedankenwelt der Politiker offen gelegt hat! Dieser Artikel gehört in sämtliche Printmedien!

Karl Ziller, 5082 Grödig

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Wo Menasse draufsteht, ist Menasse drinnen

Ja, es ist ein Trauerspiel, was sich in NÖ nach der Landtagswahl abspielt(e). Die Landeshauptfrau ist wegen der Umstände ihrer Wahl schwer beschädigt, und es ist anzunehmen, dass sich das respektlose Verhalten ihres Koalitionspartners auch auf die künftige Zusammenarbeit auswirkt. All das hat natürlich Mikl-Leitner auch erkannt, allein, was wären die Alternativen? Sie hätte Neuwahlen ausrufen können (die Variante, der FPÖ die Koalitionsbildung zu überlassen, wäre wohl reine Zeitverschwendung gewesen), aber was hätten die gebracht? Die Wähler wären wohl (noch mehr) verärgert worden, und die daraus wohl folgende niedrigere Wahlbeteiligung hätte der FPÖ geholfen. Die SPÖ hätte vermutlich weitere Stimmenverluste erlitten, allein an der grundsätzlichen Situation hätte es nichts geändert.

Menasse verliert kein Wort darüber, wie es zu dieser unglücklichen Konstellation gekommen ist. Er kritisiert weder das Verhalten des neuen nö. SP-Parteiobmanns, noch zeigt er die Unsäglichkeiten der nö. Landesverfassung auf. So weit reicht es offenbar nicht! Wenn jemand in seinem Ärger verharrt, bleibt die Konstruktivität auf der Strecke.

Dr. Erich Gnad, 1030 Wien

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Am Beginn stand Sven Hergovichs Eitelkeit

Ich bin hundertprozentig bei Ihnen, Herr Menasse. Aber warum werden die dümmlichen, angeberischen Erklärungen des Herrn Hergovich kaum thematisiert, der gemeint hat, die Situation Mikl-Leitners für sich politisch ausnutzen zu können, seine „Bedingungen“(!) lauthals verkündet und gleich hinzugefügt hat, sich „eher die Hand abzuhacken“ . . . Sven Hergovich hat geglaubt, einen super Politeinstieg zelebrieren und seiner Partei zeigen zu können, wie man es richtig macht. Seine Aktion war gegen seine eigene Partei gerichtet, der er ihre bisherige Unfähigkeit vorhalten wollte. Es war seine Eitelkeit, die am Beginn des Desasters stand. Hergovich hat gedacht, Mikl-Leitner in den Schwitzkasten nehmen zu können, und hat genau damit gleich zu Beginn seiner politischen Karriere gezeigt, dass er eine politische Fehlbesetzung ist.

Dr. Werner Doralt, 1010 Wien

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Spitze der Bösartigkeiten

Der Artikel von Menasse über Landeshauptfrau Mikl-Leitner ist so etwa die Spitze der Bösartigkeiten, die zu der neuen Koalition in St. Pölten veröffentlicht wurden. Ein solches Pamphlet gehört vielleicht in den „Falter“ – aber sicher nicht in eine „bürgerliche“ Zeitung.

Heinz Otto, 1130 Wien

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Falschinformation

Der sehr gut geschriebene Artikel wird durch eine Falschinformation in ein zweifelhaftes Licht gerückt. Es geht nicht um 40 Millionen Euro für Langzeitarbeitslose, sondern, laut Frau Mikl-Leitner im „Mittagsjournal“ vom 24.3. – um 440 Millionen. Das ist doch ein nicht unwesentlicher Unterschied.

Alfred Lukschander, 7423 Pinkafeld

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Mehr Seiten für Menasse

Warum erhält Manasse für seinen brillanten Beitrag zu diesem schwierigen Thema nicht die erste Seite, den Leitartikel und zwei weitere Seiten? Kompromissbereit wie man ihn kennt, hätte er der neuen, alten Frau Landeshauptfrau schon nicht noch alles abgehackt.

Georg Schmotzer, 4632 Pichl

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Verharmlosung von Friedrich Peter

Menasse, geboren 1954, kennt die Kreisky-Zeit bereits aus eigener Erfahrung, seine Verharmlosung von Friedrich Peter („keine antisemitischen Äußerungen“) entlarvt die Motivation, zwischen den „guten“ Freiheitlichen, die mit der SPÖ kooperieren und ihre Interessen fördern, und den anderen zu unterscheiden.

Peter gehörte der 1. Infanteriebrigade der SS an, die hinter der Ostfront des Zweiten Weltkriegs Massenmorde an Zivilisten beging. Peters Einheit tötete im Jahr 1941 mindestens 17.000 Juden und rund 25.000 sowjetische Kriegsgefangene. Der Historiker Martin Cüppers hält es für ausgeschlossen, dass Peter nichts von den Ermordungen wusste, und für unwahrscheinlich, dass er nicht daran beteiligt war.

Peter sollte 1975 für den Fall eines Verlusts der absoluten Mehrheit der SPÖ Vizekanzler werden. Simon Wiesenthal, der nach der Wahl seine Recherchen und Vorwürfe publizierte, wurde von Kreisky in einem Fernsehinterview am 10.10.1975 beschuldigt, ein Nazi-Kollaborateur und Gestapo-Informant gewesen zu sein. In einem Interview mit Zeev Barth vom israelischen Rundfunk erklärte Kreisky weiters, die Juden seien kein Volk, doch sollten sie es sein, wären sie ein „mieses Volk“. Und weiter: „Die Juden nehmen sich so furchtbar viel mir gegenüber heraus, und das erlaube ich nicht.“

Kreisky wurde von Simon Wiesenthal geklagt und wegen übler Nachrede verurteilt.

Mag. Werner Müller, 3003 Gablitz

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Vermisse den Intellekt eines Wolfgang Schüssel

Brillant, wie Robert Menasse die Entscheidung von Johanna Mikl-Leitner für Udo Landbauer analysiert! Ergänzend möchte ich hinzufügen, dass ihr anscheinend nicht klar ist, einer Autokratie, wie sie in Ungarn besteht, den Weg zu ebnen. Ihre Entscheidung kann zu einer gefährlichen Situation führen. Mikl-Leitners Argument, dass zwei Drittel der Wähler Schwarz-Blau gewählt haben, entschuldigt nicht diese Machtgeilheit. Verantwortungsbewusstsein sieht anders aus.

Ich vermisse bei ihr den Intellekt eines Wolfgang Schüssel, der die FPÖ souverän an der Kandare halten konnte.

Johann Sekulic, 2560 Berndorf

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.03.2023)

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