Pop und Fernsehen, eine Zweckkoalition

Dass Marilyn Manson nun in „Helden von morgen“ werkt, ist symptomatisch für den Zustand beider Institutionen.

Das Fernsehen hat seine majestätischen Tage hinter sich: Nur mehr alte Programmmacher erinnern sich gerührt an „Straßenfeger“, an Sendungen, über die alle gesprochen haben, weil alle sie gesehen haben. Diese große Flut ist längst in kleine Kanäle umgeleitet: Fernsehen heute ist Spartenfernsehen, so „breit“ es sich geben mag.

Ähnlich geht es dem Pop: Die Songs, die alle hören, sind im besten Falle rezyklierte Songs von gestern; Michael Jackson war wohl der letzte Superstar, auf den sich die ganze elektrifizierte Welt einigen konnte. Der Mainstream ist in Bächlein zerflossen.

So geschwächt, tun sich die beiden zusammen, in „Casting-Shows“, in denen die kleinste gemeinsame Vision verwirklicht wird: dass man Stars machen kann. Wie? Die Kommerzsender – zu denen sich der ORF in Form und Inhalt zählen darf – fanden eine dem Wesen des Pop widersprechende Antwort: durch Fleiß. Durch Leistung. Das machte die Sendung „Starmania“ so unsympathisch: ein aufgemotztes Karaoke-Singen von jungen Leuten, denen man erfolgreich eingeredet hat, welches Image ihnen auf den Leib passt.

Darüber konnte man sich noch trösten: damit, dass es im „echten“ Pop – der irgendwo da draußen, jedenfalls nicht im Hauptabendprogramm stattfindet – „authentischer“ zugehe.

Das Schmerzhafte an den „Helden von morgen“ ist, dass sie diese Illusion zerstören. Denn dieses „Format“ zeigt keine skurrile Kinderversion des Pop, nein, es ist Pop, wie er heute ist. In den Bächlein des Mainstream, aber auch des „Alternative Mainstream“: Da passt derber Mundart-Hip-Hop à la Lukas Plöchl gut hinein. Marilyn Manson natürlich auch: Das Wahlpflichtfach „Schockrock“ (mit Übungen aus Blasphemie und Sado-Maso) gehört heute in jede Starschule. Man muss halt fleißig strebern. Kunst kommt von „können“ – und in den Hauptabend. Ein paar schauen und hören noch zu.

E-Mails an: thomas.kramar@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.01.2011)

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