Neuausrichtung

Von der Leyen: EU muss Beziehung zu China neu austarieren

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der LeyenAPA/AFP/KENZO TRIBOUILLARD
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Die EU-Kommissionspräsidentin sieht eine härtere Haltung Chinas, Wünsche gegenüber anderen Ländern durchzusetzen. Sie appelliert an China, sich für einen „gerechten Frieden“ in der Ukraine einzusetzen.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat sich für eine Neuausrichtung im Verhältnis zu China ausgesprochen. "Unsere Beziehungen sind unausgewogen und werden zunehmend von Verzerrungen beeinflusst, die durch Chinas staatskapitalistisches System verursacht werden", sagte von der Leyen am Donnerstag in Brüssel. "Daher müssen wir diese Beziehungen auf der Grundlage von Transparenz, Berechenbarkeit und Gegenseitigkeit neu austarieren."

Sie sieht eine härtere Haltung Chinas, Wünsche gegenüber anderen Ländern durchzusetzen. Gerade die Menschenrechtsbilanz deute auf eine allgemeine Verhärtung hin. "Diese eskalierenden Aktionen deuten auf ein China hin, das zu Hause repressiver und im Ausland selbstbewusster wird", sagte sie. Die EU müsse daher unabhängiger werden und vor allem wirtschaftliche Risiken im Verhältnis zu dem bevölkerungsreichsten Land der Erde minimieren.

Von der Leyen: Künftigen Beziehungen zu China „neu definieren"

Das abgeschlossene Investitionsabkommen müsse wegen der Entwicklung Chinas "neu bewertet werden". "Es könnte passieren, dass wir aufgrund des Politikwandels in China neue Abwehrinstrumente für einige kritische Sektoren entwickeln müssen", fügte sie hinzu. Die künftigen Beziehungen zu China und anderen Ländern müssten in sensiblen Hochtechnologie-Bereichen wie Mikroelektronik, Quanteninformatik, Robotik, Künstliche Intelligenz und Biotechnologie neu definiert werden. "Wenn ein doppelter Verwendungszweck nicht ausgeschlossen werden kann oder Menschenrechte betroffen sein könnten, müssen wir eine klare Linie verfolgen, wenn es darum geht, ob Investitionen oder Ausfuhren im Interesse unserer eigenen Sicherheit liegen", betonte von der Leyen.

Sie sprach vor dem Brüsseler Ableger des Merics-China-Instituts, gegen das die Regierung in Peking Sanktionen erlassen hat. Gerade die Menschenrechtsbilanz deute auf eine allgemeine Verhärtung hin, sagte von der Leyen. Sie solidarisierte sich mit allen, die von chinesischen Sanktionen betroffen seien. "Diese eskalierenden Aktionen deuten auf ein China hin, das zu Hause repressiver und im Ausland selbstbewusster wird."

Große Abhängigkeit von China bei Rohstoffen

Sie verwies auf eine zu große Abhängigkeit von China etwa im Bereich der Rohstoffe. Peking habe gegenüber Japan bereits gezeigt, dass es gewillt sei, wirtschaftliche Abhängigkeiten auch politisch einzusetzen. Es sei aber realistisch noch im Interesse Europas, sich von China abzukoppeln, betonte sie gleichzeitig. "Wir müssen uns auf die Risikominderung anstatt Entkopplung konzentrieren." Es sei entscheidend, diplomatische Stabilität und offene Kommunikationsverbindungen sicherzustellen. Als Bereiche, in denen Zusammenarbeit möglich ist, nannte sie den Kampf gegen den Klimawandel sowie den Naturschutz.

Die EU-Kommissionspräsidentin wird kommende Woche zusammen mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron nach Peking reisen. Am Donnerstag hielt sie eine Grundsatzrede zu den Beziehungen zwischen der EU und China. Dabei ging sie auf die Herausforderungen etwa durch Menschenrechtsverletzungen in China, Pekings militärisches Auftreten in der unmittelbaren Nachbarschaft, die Nähe zum russischen Präsidenten Wladimir Putin sowie Chinas wirtschaftliche Stärke ein.

China solle sich für „gerechten Frieden“ einsetzen

Von der Leyen forderte China auf, sich für einen "gerechten Frieden" in der Ukraine einsetzen. Wie sich Peking in diesem Konflikt verhalte, werde für die Beziehungen zur EU von entscheidender Bedeutung sein, sagte sie. Als ständiges Mitglied des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen habe China die Verantwortung, eine konstruktive Rolle bei der Förderung eines Friedens zu spielen. Die russischen Streitkräfte müssten sich zurückziehen und die territoriale Integrität der Ukraine gewahrt werden. "Jeder Friedensplan, der faktisch die russischen Annexionen konsolidieren würde, ist kein gangbarer Weg", fügte sie in Anspielung auf chinesische Vorschläge hinzu.

China und Russland arbeiten eng zusammen, auch wenn die Regierung in Peking eine offene Unterstützung des russischen Angriffs auf die Ukraine bisher vermieden hat. Von der Leyen beschrieb China als dominante Kraft in den Beziehungen zu Russland.

Von der Leyen lobte, dass China es in 50 Jahren geschafft habe, Hunderte Millionen Menschen aus der Armut geholt zu haben. Das Land habe heute eine große politische Rolle in der Weltpolitik. Die Ambition sei klar, führende Weltmacht zu werden.

(APA/Reuters)

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