Geständnis

Inseraten-Affäre: Hausdurchsuchungen bei "Heute"

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Thomas Schmid soll „Heute"-Herausgeberin Eva Dichand schwer belasten: Sie steht im Verdacht, wegen Inseraten und einer Novelle des Stiftungsrechts interveniert zu haben. Dichand weist den Vorwurf zurück.

Am Mittwochvormittag führte die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwalt (WKStA) Hausdurchsuchungen bei der Gratiszeitung "Heute" durch - im Bereich der Geschäftsführung. Die Ermittlungen stehen in Zusammenhang mit geschwärzten Seiten von Aussagen von Thomas Schmid, wie das Ö1-"Mittagsjournal" berichtet. Darin ging es um Inserate sowie um Änderungen bei einer Novelle des Stiftungsrechts. Schmid, der bekanntlich Kronzeugenstatus anstrebt, war Kabinettschef im Finanzministerium und ein Vertrauter von Sebastian Kurz (ÖVP).

Schmid zufolge habe "Heute"-Herausgeberin Eva Dichand bei ihm interveniert - und er habe sich hilfsbereit gezeigt, um Kurz gute Berichterstattung zu sichern, was Dichand zurückweist. In einem Fall sei das Finanzministerium gegen eine bei Stiftern ungeliebte Novelle des Stiftungsrechts in Hinblick auf Veröffentlichungspflichten eingetreten. So habe er Eva Dichand geschrieben, dass man eine negative Stellungnahme zum Stiftungsgesetz abgeben werde, so Schmid laut Ö1. Dichand habe darauf geantwortet: "Danke für Info. Hoffe, sehr negativ", worauf hin Schmid geschrieben habe: "Wir sagen, dass wir ein Paket und kein Stückwerk wollen und das daher ablehnen."

»Habe alles erledigt wie besprochen«

Thomas Schmid an Eva Dichand

Weiters habe sich Dichand ab 2017 beklagt, dass "Österreich" bei Inseraten des BMF gegenüber "Heute" und der "Kronen Zeitung", die ihr Mann Christoph Dichand herausgibt, bevorzugt werde. Daraufhin habe Schmid den ehemaligen Leiter der Kommunikationsabteilung im Finanzressort, Johannes Pasquali, angewiesen, das Inseratenvolumen zugunsten von "Heute" und "Kronen Zeitung" zu verschieben, was auch geschehen sei.

Schmid habe daraufhin an Eva Dichand geschrieben: „Habe alles erledigt wie besprochen. Die Geschäftsführer sollen sich bei Pasquali melden. Wurde gerade informiert, dass beides erledigt wurde.“ Dichand darauf: „Ja, auch gehört. Danke.“ Ende 2017 habe Pasquali an Schmid gemeldet: „Sache ist erledigt. Buchhaltungsagentur überweist aber erst am 18.12.“ Im Jahr darauf schreibt er: „,Krone' ist erledigt. Die hatten 30 Prozent mehr als 'Österreich'. Sie sind happy.“

Laut Medientransparenzdatenbank habe es nach 2017 einen sprunghaften Anstieg der Schaltungen des Finanzministeriums gegeben: Und zwar von 800.000 auf 1,3 bis 1,6 Mio. Euro bei der "Krone" und von 730.000 Euro auf 1 bis 1,2 Mio. Euro bei "Heute". Sebastian Kurz sei stets über die Vorgänge - sowohl in Sachen Stiftungsrecht als auch bezüglich der Inserate - informiert gewesen, gab Schmid gegenüber der WKStA an.

"Heute" in einer Stellungnahme

„Fakt ist: Die getätigten Vorwürfe eines Beschuldigten (!), der Kronzeugenstatus anstrebt, sind nachweislich falsch. Das werden die weiteren Ermittlungen zeigen. Niemals wurde seitens der Geschäftsführung der AHVV Verlags GmbH eine positive Berichterstattung im Gegenzug zu Inseratenschaltungen avisiert."

Die Treffen mit Eva Dichand seien immer im Vorfeld von Schmid und Kurz abgesprochen worden. Beispielhaft zitiert Ö1 eine Nachricht von Schmid auf Kurz, die besage: "Hatte sehr langes und gutes Gespräch mit Eva Dichand und in der Folge mit Helmuth Fellner. Hier ist wirklich etwas gelungen. Beide stehen voll hinter dir. In dieser Form gab es das bei einem ÖVP-Kandidaten sicherlich noch nie." Fellner war formell Berater der Mediengruppe Österreich und zuständig für Finanzen und Werbeverkauf.

Wie der "Standard" berichtet, habe Dichand "eine wohlwollende Berichterstattung" für Kurz in Aussicht gestellt, "insbesondere in der immanent wichtigen Zeit des letztlich erfolgreichen Wahlkampfs". Eva Dichand wandte sich unterdessen via Twitter zu Wort: Die Aussage, sie hätte positive Berichterstattung bei Heute und Kronen Zeitung im Gegenzug zu Inseraten vereinbart, sei „einfach falsch“. Dies gelte auch in Bezug auf die Novellierung des Privatstiftungsgesetzes.

Weiters verweist Dichand darauf, dass "Heute" seit elf Jahren von Christian Nusser geleitet wird, der Journalisten "gerne und jederzeit Auskunft darüber geben" werde, ob Dichand Einfluss auf "den Inhalt zu Gunsten Sebastian Kurz/ÖVP genommen hätte". Schmid versuche seinen Kronzeugenstatus zu erhalten und habe deswegen "diese falschen Anschuldigungen getätigt", so Dichand.

Ähnlich der Verlag: "Die getätigten Vorwürfe eines Beschuldigten (!), der Kronzeugenstatus anstrebt, sind nachweislich falsch. Das werden die weiteren Ermittlungen zeigen. Niemals wurde seitens der Geschäftsführung der AHVV Verlags GmbH eine positive Berichterstattung im Gegenzug zu Inseratenschaltungen avisiert." Die Redaktion, die demnach von der Hausdurchsuchung nicht betroffen war, "weist den Vorwurf von Gefälligkeits-Berichterstattung auf das Schärfste zurück."

"Heute"-Chefredakteur Christian Nusser schrieb derweil, dass die Hausdurchsuchung die Redaktion des Gratisblattes nicht betroffen hätte. Jeder, der ihn kenne, wisse, dass er "auf Interventionen allergisch reagiere“. Und: Meine Haltung dazu war und ist auch im Verlag bei allen wohlbekannt. "Ich bin für den Inhalt von „Heute“ zu 100 Prozent verantwortlich, Frau Dr. Dichand nimmt null Einfluss auf meine redaktionellen Tages-Entscheidungen.“ Der öffentliche Eindruck, der nun erweckt werde, sei bitter für die Redaktion und für ihn.

(APA/Red.)

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