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"No-Go-Zone": Wiener ÖVP-Chef Mahrer sorgt mit Video erneut für Kritik

APA/HANS PUNZ
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Mahrer nahm sich nun das Gebiet rund um die Favoritenstraße vor. Er sieht hier einen „Brennpunkt“. Die Wiener Grünen und Neos sprechen von „Hetzte“. Marktamt und SPÖ veröffentlichten bereits im Vorfeld ein positives Video über Viktor-Adler-Markt.

Wiens ÖVP-Chef Karl Mahrer hat mit einem weiteren Video über ein von ihm als "Brennpunkt" in Wien bezeichnetes Grätzl - in Favoriten - für Aufsehen und Kritik gesorgt. Nachdem er bereits vor rund einer Woche die Herkunft der Wirtschaftstreibenden am Wiener Brunnenmarkt kritisch kommentiert hatte, ortet er nun auch das Gebiet rund um die Favoritenstraße als Problemzone. Dass er gar Sorge vor einer "No-Go-Zone" äußerte, sorgte für scharfe Kritik unter anderem der Wiener Grünen.

"Hinschauen statt wegschauen: Ein weiterer #Brennpunkt in Wien ist das Viertel zwischen Reumannplatz, Favoritenstraße und Viktor-Adler-Markt", schrieb Mahrer zu einem von ihm bereits am Mittwoch via Twitter veröffentlichten Video. "Die Empfindungen der Menschen, mit denen ich gesprochen habe, sind geprägt von Unsicherheit und dem Gefühl, zur Minderheit im Viertel zu zählen." Mittlerweile würden Menschen ohne Migrationshintergrund dort die Minderheit darstellen. "Sie wurden durch Gewalt, Kriminalität sowie die Abschottung ethnischer Communities abgeschreckt und verdrängt", schreibt Mahrer. "Genau dies sind Anfänge sogenannter No-Go-Zonen, die es in anderen europäischen Großstädten bereits gibt."

Gesprächspartner sind Parteikollegen

Der "Standard" machte darauf aufmerksam, dass es sich bei zwei der Gesprächspartner Mahrers um Parteikollegen handelt - nämlich um den Wiener ÖVP-Bezirksrat Daniel Soudek sowie den Vize-Bezirksobmann des ÖVP-Seniorenbundes in Favoriten.

Kritik kam von den Wiener Grünen und Wiener Neos: "Die 'Empfindungen der Menschen' sind die Empfindungen von zwei ÖVP-Funktionären (...) Ich dachte, nach dem Brunnenmarktvideo gehts nicht mehr tiefer. How low can you go, @oevpwien", twitterte die Wiener Grüne Parteivorsitzende, Judith Pühringer. Ähnlich äußerte sich die pinke Stadt-Partei: "Ist halt besonders einfach, seine Hetze weiterzuverbreiten, wenn man dazu seine eigenen Funktionäre auf der Straße befragt."

Marktamt und SPÖ veröffentlichten eigene Videos

Wie die „Presse“ berichtete, hatte das Marktamt bereits im Vorfeld auf das nun veröffentlichte Video Mahrers mit einem eigenen Clip reagiert. In dem Video kommen Standler wie Kundinnen und Kunden des Victor-Adler-Marktes zu Wort, wobei der Platz natürlich gut davon kommt. „Woher die Menschen kommen oder deren Vorfahren stammen ist egal, aber: Natürlich werden von allen Nationen auch verschiedene Lebensmittelspezialitäten mitgenommen und hier dann damit gehandelt“, heißt es beispielsweise darin.

Der SPÖ-Bundesrat Sascha Obrecht veröffentlichte am Mittwoch - noch als Reaktion auf das Brunnenmarkt-Video Mahrers - einen eigenen Clip. Darin sieht man ihn, am Wiener Victor-Adler-Markt beim Marktaufbau aushelfen: "Hackeln statt Hetzen! Ich hab einen Tag am Victor-Adler-Markt ausgeholfen: Aufbau um 5.00 Uhr und Marktschreien inklusive. Eine richtige Knochnhockn! Die Standler verdienen sich dafür Anerkennung und nicht rassistische Hetze", schrieb Obrecht dazu.

Favoriten immer wieder im Fokus der Kritik

Favoriten gerät immer wieder in den Fokus der Oppositionskritik. Anfang 2021 sorgten etwa Randale in der Silvesternacht für Aufsehen, wobei es später für einige Verantwortliche Haftstrafen setzte. Bereits damals wurden "Parallelgesellschaften" kritisiert. Allerdings ist der zehnte Gemeindebezirk für die Opposition auch politisch ein schwieriges Pflaster. Mit fast 48 Prozent erreichte die SPÖ 2020 dort bei der Bezirksvertretungswahl ihr bestes Bezirksergebnis.

ÖVP-Chef Karl Mahrer hatte sich jüngst auch dem Bezirk Ottakring gewidmet. Äußerungen zum Brunnenmarkt ("Syrer, Afghanen, Araber haben die Macht über den Brunnenmarkt übernommen") sorgten bereits vor einer Woche seitens der SPÖ für Forderungen nach einer Entschuldigung. "Rassismus ist keine Meinung. Die rassistischen Verbalattacken sind ein Frontalangriff auf arbeitende Menschen in Wien", erklärte etwa SPÖ-Klubchef Josef Taucher. Kritik kam damals auch von Neos und den Grünen.

(APA)

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