100 Jahre Bruno Kreisky: "Die Legende verblasst"

100 Jahre Bruno Kreisky:
100 Jahre Bruno Kreisky: "Die Legende verblasst"(c) Clemens Fabry
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Zum runden Geburtstag preist das offizielle Österreich den ehemaligen "Sonnenkönig". DiePresse.com hat sich bei Wienern umgehört, was sie über Kreisky denken.

Das offizielle Österreich feiert: Am Samstag wäre Bruno Kreisky 100 Jahre alt geworden. Zum runden Geburtstag gibt es unzählige Veranstaltungen, von Ausstellungen über Konferenzen bis zu einem Festakt in der Hofburg. Die SPÖ preist die sozialdemokratische Ikone. Und selbst FPÖ-Chef Strache sieht sich neuerdings in der „Tradition der Politik Kreiskys". Doch spielt der einstige „Sonnenkönig" auch für „Herrn und Frau Österreicher" noch eine Rolle?

„Wer war das nochmal schnell?", fragt die 17-jährige Schülerin Lina, auf Bruno Kreisky angesprochen. Die meisten anderen Passanten wissen bei einer Umfrage von DiePresse.com auf der Wiener Mariahilferstraße zwar, dass Kreisky Bundeskanzler war. Bei vielen ist das aber auch schon alles. Vor allem die Jüngeren winken ab: „Dazu fällt mir nichts ein". Auch von dem runden Geburtstag weiß die Mehrheit nichts.

Dennoch: Die Strahlkraft des „Sonnenkönigs" wirkt noch. In einer Umfrage des Linzer Meinungsforschungsinstituts IMAS haben jüngst 59 Prozent angegeben, Kreisky sei der beste Regierungschef der Nachkriegszeit. Allerdings, meint das Institut, liege das weniger an dem Eindruck einer gelungenen Politik, sondern an der Wirkung seiner Persönlichkeit. Auch Martin Gabriel meint gegenüber DiePresse.com, Kreisky sei jedenfalls der charismatischste Kanzler gewesen - jemand der „eingestanden ist für seine Überzeugungen".

"Bedauerlicherweise" der beste Kanzler

Susanne Leitner stimmt dem Befund zu, dass Kreisky der beste Kanzler war - „bedauerlicherweise", wie sie betont. Denn eigentlich „wäre es nicht schwer gewesen, es besser zu machen". Aber immerhin sei Kreisky im Gegensatz zu seinen Nachfolgern noch ein echter Sozialdemokrat gewesen und habe die Schulden im Verhältnis zum BIP in Grenzen gehalten.

In der IMAS-Umfrage konnten 42 Prozent der unter 30-Jährigen die Frage nach dem besten Kanzler nicht beantworten. „Die Jungen wissen gar nicht mehr, was ein richtiger Politiker ist", meint der Pensionist Georg Hillberger. Er hat Kreisky als Kanzler erlebt - und findet, dass „nichts besseres nachgekommen" ist.

„Damals ist noch was weiter gegangen, der Kreisky hat sich noch was getraut". Dass von Kreiskys Politik viel übrig geblieben ist, glaubt er aber nicht. Der Einfluss schwinde, die SPÖ orientiere sich nicht mehr an ihm. Und den Jungen bedeute der einstige „Sonnenkönig" sowieso nichts. „Die Legende verblasst eben", sagt er mit einem Schulterzucken. Und fügt schmunzelnd hinzu: „Aber an den Faymann wird an seinem 100. Geburtstag gar niemand mehr denken".

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